DQ-Lesetipp | Juni 2022

Das Team der Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf stellt hier regelmäßig lesenswerte Bücher vor. Diesmal: „Ein simpler Eingriff“ von Yael Inokai und „Romeo und Julius – Meine Suche nach der großen Liebe“ von Julius Kraft. Viel Freude beim Lesen!

Bild: Lesetipp Juni 2022

Ein simpler Eingriff

Yael Inokai

Dumpf, ganz dumpf nimmt mich gleich zu Beginn der Lektüre des Romans die Atmosphäre einer Klinik gefangen. In dieser Einrichtung arbeitet die Protagonistin Meret als Krankenschwester. Ihre Aufgabe ist es, die Patientinnen auf den „simplen Eingriff“ vorzubereiten, bei dem sie auch assistiert. Während der Operation am Gehirn, welche die jeweilige psychische Störung der Patienten eliminieren soll, kommuniziert sie mit ihnen, um sicherzustellen, dass die OP gelingt.
Meret geht zu Beginn des Romans in ihrer Rolle als pflichtbewusste Krankenschwester auf, fühlt sich durch die Aufmerksamkeit des Chefarztes, der ihre empathische Begabung erkennt, geschmeichelt, begeistert sich für den neuartigen Eingriff. Doch nicht jede Operation gelingt. Merets Patientin Marianne etwa, deren wohlhabende Familie durch die Operation die Aggressionsschübe der Tochter unterbinden lassen will, liegt nach der Operation mit leeren Augen im Bett, ihr Ich scheint ausgelöscht, sie mutiert zum dauerhaften Pflegefall, eine weitere medikamentöse Behandlung bringt sie gar an den Rand des Todes …
Parallel dazu entspinnt sich – von der Autorin unaufgeregt und feinfühlig geschildert – zwischen Meret und ihrer Zimmernachbarin im Schwesternwohnheim, der weniger angepassten Sarah, eine Liebesbeziehung. Sarah ist es auch, die Merets aufkeimende Zweifel an der Legitimität des „simplen Eingriffs“ befeuert.
Indem Yael Inokai in ihrem dritten Roman auf die Lobotomien rekurriert, die in einigen Ländern bis in die frühen 1980er-Jahre hinein in psychiatrischen Krankenhäusern durchgeführt wurden, scheint die Handlung des Romans in einer unbestimmten Vergangenheit angesiedelt – denn dies sei angemerkt, so ist Psychiatrie heute nicht! Der Roman liest sich am ehesten wie ein Gleichnis, das viele interessante Fragen aufwirft, zum Beispiel die nach dem Verhältnis von Angepasstheit und Autonomie in deutlich hierarchisch organisierten Einrichtungen oder die nach ethisch Vertretbarem Handeln im Kontext ärztlicher Interventionen.
Es ist kein leichter Stoff, der im Roman verhandelt wird. Vieles lässt die Autorin im Offenen und Ungefähren. Doch darin liegt gerade die Stärke dieses Romans, der vor allem durch seine klare, pointierte und gleichzeitig bildreiche Sprache besticht.
Andrea Schroeder

Hanser Verlag | ISBN 978-3-446-27231-6

 

Bild: Buchcover "Ein simpler Eingriff"
© Carl Hanser Verlag

Romeo und Julius – Meine Suche nach der großen Liebe

Julius Kraft

Julius, 28, wohnhaft in Berlin und seit 5 Monaten wieder Single. Mit dem Iren hat es nicht geklappt, obwohl Julius zum ersten Mal in einer Beziehung „Ich liebe dich!“ gesagt hat. Nun ist er wieder bereit für etwas Neues, für einen Neuen. Vielleicht endlich den Richtigen? Nur wenn es den Richtigen irgendwo gibt, was war dann mit den Vorherigen falsch? Und wie kann Julius es verhindern wieder in alte Fehler zurückzufallen? Zum Glück gibt es Dating-Apps und die Auswahl in der Hauptstadt ist nicht gerade klein. Für die inhaltlichen Fragen steht ein Freundeskreis bereit, der sich trotz aller Erkenntnisse und guten Ratschläge ebenfalls mehr oder weniger erfolgreich durch den Beziehungs-Dschungel schlägt.
Unser Held küsst eine ganze Reihe von Fröschen und lernt nebenbei so einiges über sich, das Leben und die Liebe, bis er …
Markus Gickeleiter
Goldmann Verlag | ISBN 978-3-442-15977-2

 

Bild: Buchcover "Romeo und Julius – Meine Suche nach der großen Liebe"
© Goldmann Verlag / Penguin Random House

Die Bücher können bei der LUSBD Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf kostenlos ausgeliehen werden.

 

Lesben- und Schwulenbibliothek Düsseldorf
im Bürgerhaus Angermund
Graf-Engelbert-Str. 9
40489 Düsseldorf
Geöffnet jeden Sonntag von 15.00 bis 16.30 Uhr

Anmeldung erforderlich

www.lusbd.de

 

DQ – Düsseldorf Queer dankt dem Team der LUSBD für die nette Zusammenarbeit.

 

Texte: Andreas Schröder, Markus Gickeleiter