Queere Düsseldorfer Perspektiven

In einer Ausstellung im Reinraum sind noch bis zum 29. Juni künstlerische Arbeiten zu sehen, die sich interdisziplinär mit queeren Lebenswelten auseinandersetzen. Gezeigt werden Zeichnungen, Fotos, Videoarbeiten und Installationen.

Vier Personen vor einer Wand mit gerahmten Kunstwerken
Die Ausstellungsmacher*innen im Reinraum: Bernd Plöger, Martin Bühren, JayLu Wiebe und Nastasia Radtke (von links). // Foto: Oliver Erdmann

Zu dem Ausstellungsprojekt „Queere Düsseldorfer Perspektiven“ haben die Kulturetten eingeladen. Die Kleinkunstgruppe, die seit über 30 Jahren den queeren „Culture Club“ veranstaltet, hat sich hiermit auf Neuland begeben. Dass die kleine, aber feine Kunstschau in der Off-Location Reinraum an der Adersstraße stattfindet, ist kein Zufall. JayLu Wiebe vom Reinraum-Vorstand ist auch bei den Kulturetten aktiv und hat sich für das Projekt stark gemacht.

 

Zu sehen sind Zeichnungen von Angelina Lison aka Tatzi, die auch als Tattookünstlerin arbeitet. Sie interessiert sich zudem für queerfeministische Perspektiven im kunsthistorischen Kontext. Am Mittwoch, 18. Juni 2025 um 19 Uhr, hält sie in den Ausstellungsräumen einen Vortrag zum Thema „FLINTA* in der Kunstgeschichte“. Auch die Zeichnungen und Objekte von Inka Wilhelm tragen eine queerfeministische Handschrift. Die Kölnerin arbeitet seit 2003 als eigenständige Künstlerin.

 

Spezifisch Düsseldorfer Perspektiven bringen Martin Bühren, Bernd Plöger und Nastasia Radtke in die Ausstellung mit ein. Sie alle haben sich – jeweils aus eigenem Blickwinkel – mit unterschiedlichen Aspekten der LSBTIAQ*-Community in Düsseldorf beschäftigt.

 

Martin Bühren
Martin Bühren vor seinen Fotoarbeiten. // Foto: Oliver Erdmann

Martin Bühren ist Aktivist und dokumentiert mit seinen Fotoarbeiten für ihn persönlich wichtige Ereignisse. Er zeigt Menschen mit Transparenten und Demoplakaten beim Christopher-Street-Day oder den geschmückten LSBTIQ+ Erinnerungsort am Transgender Day of Remembrance. Zu jedem seiner Fotos hat Martin eine Geschichte parat, die er beim Rundgang durch die Ausstellung gerne mitteilt. Oft sind es versteckte Details, die ihn besonders interessieren und sich dem Betrachtenden erst bei näherem Hinschauen offenbaren.

 

Bernd Plöger
Bernd Plöger vor seiner Installation "Etwas zerreißt". // Foto: Oliver Erdmann

Bernd Plöger hat sich in ausgiebiger Recherche mit dem sogenannten Hofgartenmord auseinandergesetzt. In seiner Installation „Etwas zerreißt“ zeichnet er fotografisch die letzten Stationen im Leben von Siegfried „Sigi“ Strukmeier nach, der am 2. November 1995 im Hofgarten ermordet wurde. Dem gegenüber stellt er Fotos von dem Weg, den die Täter nahmen, bevor sie auf ihr Opfer trafen. Die Fotos werden auf einem Monitor im Loop gezeigt. Aktennotizen aus seiner Archivarbeit runden die Arbeit ab. Das Ganze ist eingerahmt in zerrissene Papierbahnen.

 

CD-Hüllen mit Coverbildern
"Queer your Stars" - eine Installation von Bernd Plöger. // Foto: Oliver Erdmann

In einer zweiten Installation mit dem Titel „Queer your Stars“ präsentiert Bernd Plöger eine ganz außergewöhnliche Musiksammlung, die er aus einem Nachlass übernommen hat. Ein schwules Paar hat seit Anfang der 1970er-Jahre mit viel Liebe zum Detail ihre CD-Sammlung „verschwult“. Zu einer Zeit, in der queere Vorbilder weitgehend fehlten und es auch in der Popkultur nur wenig offen queer lebende Stars gab, schufen sich Axel und Toni ihre eigene schwule Popszene. Sie beklebten die CD-Cover mit ausgeschnittenen Abbildungen oftmals nackter Männer, zum Teil auch mit pornografischen Inhalten. In der Installation sind die CD-Hüllen an eine Wand montiert und zum Anschauen freigegeben. Wer mag, kann auch die zugehörige CD abspielen.

 

Nastasia Radtke
Nastasia Radtke hat zum "Frauenschwoof" recherchiert und Interviews mit Zeitzeug*innen geführt. // Foto: Oliver Erdmann

Nastasia Radtke beschäftigt sich in ihrer Installation mit dem Phänomen „Frauenschwoof“. Die Lesben-Party im Zakk war ein Klassiker, bis sie 2016 eingestellt wurde. „Gefühlt jede Lesbe über 40 kennt den Schwoof und kann eine Geschichte dazu erzählen“, sagt Nasti. Für ihre Arbeit habe sie mit vielen Frauen gesprochen. Dabei zeigte sich, dass es gar nicht „den einen Frauenschwoof“ gegeben habe, denn auch in zahlreichen anderen Städten hätten sich Lesben zum Schwoof getroffen. In ihrer künstlerischen Arbeit präsentiert Nastasia Radtke mehrere Interviews mit Personen, die ihre Frauenschwoof-Geschichte erzählen. Zu sehen sind sie auf einem alten Röhren-Fernseher, der auf einem Kneipentisch positioniert ist. Wer reinhören will, kann auf einem Barhocker Platz nehmen. Nastasias Arbeit ist indes noch nicht beendet, sie sucht weiter nach Geschichtenerzähler*innen für ihr Rechercheprojekt.

 

Queere Düsseldorfer Perspektiven

13. bis 29. Juni 2025

Interdisziplinäre Ausstellung der Kulturetten mit vielfältigem Programm

Ort: reinraum e.V., Adersstr. 30a, 40215 Düsseldorf

Infos zu den Öffnungszeiten: www.reinraum-ev.de/queere-perspektiven/

 

Text: Oliver Erdmann