HIV-KONTROVERS 2015

Mit etwa 250 Beteiligten ging der Fachkongress HIV-KONTROVERS am 7. Februar 2015 im Düsseldorfer Interconti-Hotel in die vierte Runde. Expert_innen aus Aidshilfe, Positiven-Selbsthilfe, Prävention, Medizin, öffentlichem Gesundheitswesen, ambulanter und stationärer Versorgung, Justiz, Politik und Verwaltung sowie Menschen mit HIV aus ganz Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern diskutierten angeregt über aktuelle Fragen zum Leben mit HIV.

Arne Kayser, Landesvorsitzender der Aidshilfe NRW, und Dr. Stefan Esser, Vorstandsmitglied der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG), zogen eine positive Bilanz. „Wieder ist es uns gelungen, Themen in den acht Diskussionsforen kontrovers zu debattieren, die uns auch in Zukunft beschäftigen werden. Wahrscheinlich konnte jede und jeder, gleich aus welchem Berufsfeld, etwas für den Arbeitsalltag mitnehmen“, sagte Kayser. Auch Esser zeigte sich sehr zufrieden und freute sich über die rege Beteiligung des Auditoriums in den jeweiligen Kontroversen.


Ist HIV eine chronische Krankheit wie jede andere auch oder verharmlost diese Klassifizierung das Leben mit HIV? In der Kontroverse zwischen Dr. Mark Oette aus Köln und Bundesgeschäftsführerin Silke Klumb von der Deutschen AIDS-Hilfe wurden die Gegenpositionen deutlich. Einerseits die Normalität eines Lebens mit wirksamen HIV-Medikamenten, andererseits dass es sich immer noch um eine unheilbare Erkrankung handelt. Beide stimmten überein, dass nach wie vor zu viele, die von ihrer Infektion nichts wissen, weder von der Medizin, noch der Prävention erreicht werden. Die inszenierte Kontroverse zwischen Dr. Ulrike Haars aus Düsseldorf und Dr. Konrad Isernhagen aus Köln fragte nach der Rentabilität einer HIV-Therapie für Menschen, die offenbar nicht in der Lage sind, ein komplexes Behandlungsregime einzuhalten. Fazit: Eine HIV-Therapie muss allen zugänglich gemacht werden können, die sie benötigen.


Auf großes Interesse stieß die Kontroverse „Im Knast sicher gut versorgt“ zwischen Dr. Karin Schwarz vom NRW-Justizministerium und dem Patientenbeauftragten Dirk Meyer. Während Schwarz auf die gute medizinische Versorgung der Inhaftierten in Nordrhein-Westfalen verwies, beklagte Meyer das gesetzlich vorgesehene und dennoch nicht erfüllte Äquivalenzprinzip im Strafvollzug. Auch aus dem Publikum kritisierten viele die eingeschränkten Patientenrechte hinter Gittern und die mangelnde Sensibilität seitens der Politik in diesem Themenfeld.


Kontroverse Standpunkte zur Zukunft der Prävention vertraten Dr. Heiko Jessen und der HIV-Aktivist Carsten Schatz, beide aus Berlin. Während Jessen auf den Einsatz von Medikamenten zur Infektionsprophylaxe bei schwulen Männern setzte, forderte Schatz eine radikale Änderung der Verhältnisse, Abbau von Diskriminierung und vermehrte Informationen zu Test und Therapie. Nur so könne verhindert werden, dass nach wie vor 500 Menschen pro Jahr in Deutschland an den Folgen von Aids versterben.


Auch an den weiteren Kontroversen über Testscreenings zu Analkarzinomen, der besonderen Situation von Frauen mit HIV, der Zufriedenheit in der stationären Versorgung oder der Behandlung einer akuten HIV-Infektion beteiligten sich die Fachleute aller Disziplinen sehr engagiert. Stefan Esser stellte abschließend heraus, dass es in vielen Themenbereichen an verwertbaren Daten mangele, um den Diskurs konstruktiv fortsetzen zu können. Hier sei Medizin wie Politik gleichermaßen gefordert. In einem waren sich Esser und Kayser völlig einig: „Wir hoffen, dass HIV-KONTROVERS eine Fortsetzung finden wird und wir diesen fruchtbaren Dialog fortsetzen können.“


Quelle: Presseinformation der Aidshilfe NRW