Zahl der HIV-Neudiagnosen in Düsseldorf bleibt stabil

Zum 28. Welt-Aids-Tag am 1. Dezember 2015 hat die AIDS-Hilfe Düsseldorf die aktuellen Zahlen der HIV-Neudiagnosen für die Landeshauptstadt bekanntgegeben. Demnach wurde im Jahr 2014 in Düsseldorf bei 77 Personen das HI-Virus neu diagnostiziert. Schätzungsweise 2.800 Düsseldorfer_innen leben zurzeit mit HIV. Die Zahlen seien stabil, so Peter von der Forst, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Düsseldorf, in der Pressekonferenz am 27. November 2015.

Bild: Peter von der Forst und Yvonne Hochtritt von der AIDS-Hilfe Düsseldorf

Peter von der Forst und Yvonne Hochtritt von der AIDS-Hilfe Düsseldorf bei der Pressekonferenz zum Welt-Aids-Tag 2015

Bild: Thomas Geisel und Peter von der Forst
OB Thomas Geisel und Peter von der Forst bei der Pressekonferenz zum Welt-Aids-Tag 2015

Thomas Geisel, Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf, hat die Schirmherrschaft über die Aktionen und Veranstaltungen zum Welt-Aids-Tag in Düsseldorf übernommen. „Ich bin stolz auf die Arbeit der AIDS-Hilfe Düsseldorf“, sagte Geisel vor den Pressevertreter_innen. „Die Aufklärungsarbeit der AIDS-Hilfe trägt dazu bei, die Zahl der Neuinfektionen zu senken. Deshalb ist die Arbeit der Beratungsstelle in Düsseldorf so außerordentlich wichtig“, so Geisel weiter. Für die weitere Arbeit der AIDS-Hilfe sicherte der OB die Unterstützung der Stadt zu.


Peter von der Forst, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Düsseldorf, dankte dem Oberbürgermeister für die Übernahme der Schirmherrschaft und für die Zusammenarbeit. „Die Stadt ist ein verlässlicher Partner“, sagte von der Forst. Er fasste den aktuellen Stand zum Thema HIV/Aids zusammen und nannte die Horrorbilder der 1980er Jahre immer noch als Hauptgrund für das öffentliche Bild der Krankheit bzw. der Infizierten. Angst vor Diskriminierung und Stigmatisierung sei es dann auch, die dazu führe, dass viele Menschen zu spät zum HIV-Test gingen. Bei einem Drittel der Diagnosen hätten die Patienten bereits das Vollbild Aids. Bei frühzeitiger Diagnose und einer funktionierenden HIV-Therapie könne die Krankheit Aids jedoch vielfach vermieden werden, so Peter von der Forst.


HIV-positive Menschen können heute in Deutschland in der Regel ein ganz normales Leben führen. Zum Teil reicht eine Tablette täglich aus, um das HI-Virus unter die Nachweisgrenze zu drücken. Die Patienten sind dann nicht mehr infektiös. Zur Gruppe der am stärksten Betroffenen gehören nach wie vor Männer, die Sex mit Männern haben. Daher richtet sich die Präventionsarbeit der AIDS-Hilfen hauptsächlich an diese Zielgruppe. Die Aktionen und Kampagnen zielen darauf ab, sich beim Sex zu schützen und regelmäßig zum HIV-Test zu gehen. Doch die Arbeit der AIDS-Hilfen richtet sich auch an die allgemeine Öffentlichkeit, um gegen Vorbehalte gegenüber HIV-Positiven bis hin zu Diskriminierung, Stigmatisierung oder gar Kriminalisierung zu kämpfen.


Bild: Peter von der Forst, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Düsseldorf
Peter von der Forst, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Düsseldorf

dq – düsseldorf queer sprach mit Peter von der Forst:


dq: Vor einigen Tagen hat ein HIV-Positiver aus Düsseldorf auf Facebook bekannt, er habe Sex ohne Kondom und wisse was er tue. Das nahmen zwei FDP-Landtagsabgeordnete zum Anlass für eine kritische Anfrage an die Landesregierung, da der junge Mann als Sprecher der Aufklärungsinitiative SchLAu (diese wird vom Land NRW gefördert) aktiv sei und sein Verhalten gefährlich. Die AIDS-Hilfen kämpfen auch gegen die Stigmatisierung und Kriminalisierung von HIV-Positiven und sagen, dass eine Therapie ausreichend Schutz vor Ansteckung bietet.


Peter von der Forst: Es geht ja zum einen um den Schutz durch Therapie. Das Wichtige ist zu wissen, dass eine HIV-Therapie dazu führen kann, dass der HIV-Infizierte nicht infektiös ist. Auch sexuell nicht infektiös, und dass dieser Schutz sogar besser ist als durch ein Kondom – was die Übertragung von HIV angeht. Das heißt, dass der Sex ohne Kondom in diesem Falle aufgrund des Schutzes durch Therapie eben nicht dazu führt, dass HIV übertragen wird. Insofern ist das eine mögliche Handlungsweise. Das zweite ist, dass man auch immer deutlich sagen muss, dass der HIV-Negative oder vielmehr jemand, der meint, er sei HIV-negativ, auch immer selbst dafür sorgen muss, dass er sich schützt. Die Kriminalisierung von HIV-Positiven führt nicht dazu, dass man eine HIV-Infektion vermeidet, sondern eher dazu, dass die Leute sich zurückziehen und die Diskriminierung stärker wird. Und dass man bei HIV-Negativen diesen Eindruck erweckt, sie müssten sich nicht selber schützen. Das ist natürlich grundfalsch in der Prävention.


dq: Die Aufgaben der AIDS-Hilfe Düsseldorf haben sich jenseits ihrer Beratungs- und Aufklärungsfunktion zum Thema HIV (und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten) weiterentwickelt. Es gibt Angebote für Migrant_innen, Vernetzungsangebote für ältere Schwule und Lesben oder die Transsexuellen-Selbsthilfegruppe. Was sind aktuell die größten Herausforderungen für die AIDS-Hilfe Düsseldorf?


Peter von der Forst: Als besonders große Herausforderung sehe ich zum einen das Thema der Antidiskriminierungsarbeit. Die Tatsache, dass ein Drittel der HIV-Positiven erst dann von ihrer Infektion erfährt, wenn sie bereits an Aids erkrankt sind, zeigt uns, dass wir genau in diesen Fällen besonders tätig sein müssen. Dass wir Menschen darauf aufmerksam machen müssen, dass sie, wenn sie eine Infektionsgefahr hatten, sich unbedingt testen lassen sollen – und dass wir dafür arbeiten müssen, dass sie das angstfrei tun können. Das ist eigentlich das Wichtige dabei, und deswegen ist Antidiskriminierungsarbeit das Gebot der Stunde. Das führt mich dann auch zum Thema Migrationsarbeit, weil bei diesen Menschen – je nach dem aus welcher Kultur bzw. religiöser Kultur sie kommen – die Diskriminierungsangst besonders hoch sein kann. Und da ist es besonders wichtig aufzuklären, dass HIV kein Stigma sein muss. Hier müssen wir generell auch die Communities unterstützen, weniger zu stigmatisieren und offener zu werden.


Text und Fotos: Oliver Erdmann