Starke queerpolitische Akzente

Die zukünftigen Regierungsparteien haben heute ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. SPD, Grüne und FDP wollen einen Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt erarbeiten und das Transsexuellengesetz abschaffen.

Bild: Ampelpersonen
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Am 24. November 2021 wurde in Berlin der Koalitionsvertrag der zukünftigen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ vorgestellt. Die Ampelkoalition will die Queerpolitik auf ganzer Linie weiterentwickeln. Ein großer Erfolg für die LSBTIAQ*-Community.


So soll ein ressortübergreifender Nationaler Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt erarbeitet und finanziell unterlegt umgesetzt werden, um Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken. Darin sollen u. a. die Länder bei der Aufklärung an Schulen und in der Jugendarbeit unterstützt werden, Angebote für ältere LSBTI gefördert werden und in der Arbeitswelt das Diversity Management vorangebracht werden, insbesondere im Mittelstand und im öffentlichen Dienst. Außerdem sollen Regenbogenfamilien in der Familienpolitik stärker verankert werden.


Das Transsexuellengesetz soll abgeschafft und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden. Dazu gehören laut Koalitionspapier ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft möglich macht, ein erweitertes und sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot und eine Stärkung der Aufklärungs- und Beratungsangebote. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen in Zukunft vollständig von der GKV übernommen werden.


Die Ampelkoalition will zudem das Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, sowie für Trans-Personen abschaffen, nötigenfalls auch gesetzlich.

 


Auszug aus dem Koalitionspapier

Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit


Queeres Leben


Um Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, erarbeiten wir einen ressortübergreifenden Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und setzen ihn finanziell unterlegt um. Darin unterstützen wir u. a. die Länder bei der Aufklärung an Schulen und in der Jugendarbeit, fördern Angebote für ältere LSBTI und bringen in der Arbeitswelt das Diversity Management voran, insbesondere im Mittelstand und im öffentlichen Dienst. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld sichern wir dauerhaft im Bundeshaushalt ab. Regenbogenfamilien werden wir in der Familienpolitik stärker verankern. Geschlechtsspezifische und homosexuellenfeindliche Beweggründe werden wir in den Katalog der Strafzumessung des § 46 Abs. 2 StGB explizit aufnehmen. Die Polizeien von Bund und Ländern sollen Hasskriminalität aufgrund des Geschlechts und gegen queere Menschen separat erfassen.


Wir werden das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Dazu gehören ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft möglich macht, ein erweitertes und sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot und eine Stärkung der Aufklärungs- und Beratungsangebote. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen vollständig von der GKV übernommen werden. Wir werden im Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung Umgehungsmöglichkeiten beseitigen. Für Trans- und Inter-Personen, die aufgrund früherer Gesetzgebung von Körperverletzungen oder Zwangsscheidungen betroffen sind, richten wir einen Entschädigungsfonds ein. Wir werden die Strafausnahmen in § 5 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen aufheben und ein vollständiges Verbot auch von Konversionsbehandlungen an Erwachsenen prüfen. Das Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, sowie für Trans-Personen schaffen wir ab, nötigenfalls auch gesetzlich.


Wir treten dafür ein, dass Regenbogenfamilien und in der EU geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen/Lebenspartnerschaften in allen Mitgliedsstaaten mit allen Rechtsfolgen anerkannt werden. Rechtsakte der EU, die gegen Diskriminierung aufgrund von Rassismus gelten, müssen künftig auch Homophobie und andere Diskriminierung umfassen. Wir werden für queere Verfolgte Asylverfahren überprüfen (z. B. Dolmetscher, Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit bei Rückkehr), Unterbringung sicherer machen und eine besondere Rechtsberatung einrichten.

 

Text: Oliver Erdmann