Ballett am Rhein zeigt „Shortcuts“

Das Ballett am Rhein präsentiert in seinem aktuellen Programm sechs kurz Tanzstücke an einem Abend. Eine großartige Auswahl mit modernen Klassikern und Uraufführungen, hervorragend getanzt vom Düsseldorfer Ensemble. Zu sehen im Theater Duisburg.

Bild: Gustavo Carvalho, Elisabeth Vincenti
William Forsythe „Artifact II”: Gustavo Carvalho, Elisabeth Vincenti. // Foto: Bernhard Weis

Das Programm des neuen Ballettabends „Shortcuts“ erinnert an ein Kurzfilmfestival. Ballettdirektor und Chefchoreograph Demis Volpi stellt sechs Choreographien unterschiedlichsten Stils nebeneinander, von denen keine länger als 15 Minuten dauert. Premiere war am 24. März 2023 im Theater Duisburg.

 

Bild: Doris Becker, Damián Torío
Hans van Manen „Short Cut“: Doris Becker, Damián Torío. // Foto: Bernhard Weis

Namenspate für den neuen Ballettabend ist Hans van Manens Meisterwerk „Short Cut“, das er 1999 für das Nederlands Dans Theater schuf. Drei Tänzerinnen (Doris Becker, Sara Giovanelli, Lara Delfino) treten darin zu einer Komposition des Niederländers Jacob ter Veldhuis auf ganz individuelle Weise in einen innigen Dialog mit einem Tänzer (Damián Torío). Der 90-jährige Choreograph ließ es sich nicht nehmen, auch diesmal wieder beim Ballett am Rhein zu Gast zu sein und nahm am Premierenabend den Applaus des Publikums auf der Bühne entgegen.

 

Bild: Ensemble Ballett am Rhein
Neshama Nashman „Eine kleine Frau“: Ensemble Ballett am Rhein. // Foto: Bernhard Weis

Neshama Nashman ist Anfang zwanzig und seit der Spielzeit 2020/21 Tänzerin beim Ballett am Rhein. Die Kanadierin hat schon mehrfach ihr choreographisches Talent zeigen können. Ihr Ballett „Eine kleine Frau“ entwickelte sie zur gleichnamigen Erzählung von Franz Kafka. Zu Musik von Bohuslav Martinů und Alexander MacSween sowie vorgetragenen Textpassagen entspinnt sich tänzerisch der innere Konflikt eines Mannes (Miquel Martínez Pedro), der sich fortwährend mit „der kleinen Frau“ (Elisabeth Vincenti) und der Gesellschaft konfrontiert sieht.

 

Bild: Nelson López Garlo, Svetlana Bednenko, Vinícius Vieira, Virginia Segarra Vidal
Bridget Breiner „North Country“: Nelson López Garlo, Svetlana Bednenko, Vinícius Vieira, Virginia Segarra Vidal. // Foto: Bernhard Weis

Die zweite Neukreation des Abends stammt von Bridget Breiner. Die US-Amerikanerin war gefeierte Tänzerin am Stuttgarter Ballett und am Semperoper Ballett in Dresden, kehrte als Artist in Residence nach Stuttgart zurück, bevor sie Ballettdirektorin des Ballett im Revier in Gelsenkirchen wurde. Seit der Spielzeit 2019/20 ist sie Ballettdirektorin und Chefchoreografin am Staatstheater Karlsruhe. Ihr Stück „North Country“ mit zwei Tänzer*innenpaaren (Svetlana Bednenko, Virginia Segarra Vidal, Nelson López Garlo, Vinícius Vieira) zu Country- und Folksongs kann nicht so recht überzeugen.

 

Bild: Futaba Ishizaki, Miquel Martínez Pedro
Demis Volpi „Ebony Concerto“: Futaba Ishizaki, Miquel Martínez Pedro. // Foto: Bernhard Weis

Demis Volpis Choreographie „Ebony Concerto“ hatte 2015 Premiere beim Ballett Dortmund. Die Musik stammt vom russischen Komponisten Igor Strawinsky, der sich 1945 mit amerikanischer Jazzmusik beschäftigte und ein modernes Stück für Klarinette und Big Band schuf. Demis Volpi kreiert dazu ein humorvoll spritziges Pas de deux mit den Tänzer*innen Futaba Ishizaki und Miquel Martínez Pedro, bei dem selbst die Haare der Protagonist*innen eine Rolle spielen. Das Publikum ist begeistert von dem kurzweiligen Stück und der tänzerischen Leistung.

 

Bild: Svetlana Bednenko, Edvin Somai, Camilla Agraso, Philip Handschin, Doris Becker, Dukin Seo
Virginia Segarra Vidal „Parallel Bodies”: Svetlana Bednenko, Edvin Somai, Camilla Agraso, Philip Handschin, Doris Becker, Dukin Seo. // Foto: Bernhard Weis

In der Pause geht es mit einer Tanzperformance weiter. Die Tänzerin und Choreographin Virginia Segarra Vidal hat ihre installative Choreographie „Parallel Bodies“ für eine Ausstellung im Duisburger Lehmbruck Museum mit Werken des britischen Bildhauers Antony Gormley entwickelt. Als Adaption kommt sie nun im Foyer des Theaters Duisburg zur Aufführung. Es performen Camilla Agraso, Doris Becker, Svetlana Bednenko, Philip Handschin, Dukin Seo und Edvin Somai.

 

Bild: Gustavo Carvalho, Elisabeth Vincenti, Ensemble Ballett am Rhein
William Forsythe „Artifact II”: Gustavo Carvalho, Elisabeth Vincenti, Ensemble Ballett am Rhein. // Foto: Bernhard Weis

Den Schlusspunkt unter den Abend setzt das Ballett am Rhein mit einem Meilenstein der Tanzgeschichte: „Artifact II“ von William Forsythe. Seit der Uraufführung als abendfüllendes Stück „Artifact“ im Opernhaus Frankfurt am Main im Jahr 1984 ist es mittlerweile zum modernen Klassiker geworden. Bei Shortcuts ist der zweite Akt zu sehen. Zur Musik von Johann Sebastian Bach dirigiert eine einzelne Tänzerin (Virginia Segarra Vidal) die Armbewegungen der gesamten Gruppe. Parallel dazu tanzen zwei Paare (Futaba Ishizaki, Vinícius Vieira, Elisabeth Vincenti, Gustavo Carvalho). Immer wieder fällt der Vorhang, um das Publikum beim Öffnen mit immer neuen Bildern zu überraschen. Ein großartiger Abschluss für einen sehenswerten Ballettabend.

 

Weitere Aufführungen im Theater Duisburg: Do 30.03.2023 (19.30 Uhr), Di 04.04.2023 (19.30 Uhr), Sa 08.04.2023 (19.30 Uhr), Mo 10.04.2023 (18.30 Uhr), So 16.04.2023 (15.00 Uhr), Fr 12.05.2023 (19.30 Uhr)

Infos: www.operamrhein.de

 

Text: Oliver Erdmann