Den 150. Geburtstag des französischen Komponisten Joseph-Maurice Ravel feiert das Ballett am Rhein mit einem abwechslungsreichen Ballettabend. Bridget Breiner und Richard Siegal haben vier Neukreationen geschaffen, die das Publikum begeistern.

Joseph-Maurice Ravel wurde am 7. März 1875 im baskischen Ciboure geboren. Der Komponist zählt neben Claude Debussy zu den Hauptvertretern des Impressionismus und ist durch sein Werk Boléro, das er ursprünglich als Ballettstück konzipiert hatte, weltberühmt geworden. Es wurde zu einem der am häufigsten gespielten Stücke der Orchesterliteratur.
Mit vier Uraufführungen von Richard Siegal und Bridget Breiner würdigt das Ballett am Rhein Ravels künstlerisches Schaffen. Die Choreografien, die jetzt auf der Bühne des Düsseldorfer Opernhauses zu sehen sind, feierten am 7. Juni 2025 bereits in Duisburg Premiere. Entstanden sind Tanzstücke unterschiedlichster Stilistik zu vier der bekanntesten Kompositionen, darunter natürlich auch dem Boléro.

Zu Beginn des Ballettabends ist Bridget Breiners Choreografie „Konzert für die linke Hand“ zu erleben – zu Ravels „Klavierkonzert für die linke Hand in D-Dur“. Das Auftragswerk für den Pianisten Paul Wittgenstein, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte, entstand im Jahr 1930. Die Düsseldorfer Symphoniker unter der musikalischen Leitung von Katharina Müllner und die Pianistin Alina Bercu harmonieren hervorragend. Dabei sitzt Alina Bercu am Flügel auf der Bühne und lässt während der Aufführung ihren rechten Arm auf dem Klavierhocker, während sie mit der linken Hand Ravels Klavierstück spielt. Auf der Bühnenwand sind große Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Paris den 1930er-Jahren zu sehen, als die Tänzer*innen die Bühne betreten. Ein schönes Pas de trois tanzen Márcio Mota (als junger Mann), Sophie Martin (Frau) und Eric White (Mann). Als weitere Solist*innen sind Simone Messmer (Mnemosyne/griechische Göttin der Erinnerung) und Lucas Erni (griechischer Gott des Krieges) zu sehen.

Das zweite Stück ist „La Valse“ von Richard Siegal, eine parodistische Hommage an den Walzer, die „das Publikum in eine Welt voll Walzerrhythmen und gleichzeitig Zynismus, Übertreibung und einer völlig außer Kontrolle geratenen Dekadenz mitnimmt“, so die Beschreibung. Der amerikanische Choreograf, der mit seiner Kompanie „Ballet of Difference“ von 2019 bis 2024 am Schauspiel Köln tätig war, lässt die Tänzer*innen humorvoll um eine gedeckte Tafel herum wirbeln und das gesellschaftliche Treiben immer wieder ausufern. Das Ensemble hat sichtlich Spaß an der Darbietung. In den Hauptrollen liefern sich Orazio di Bella und João Miranda ein tänzerisches und schauspielerisches Duell.

Im zweiten Teil des Abends gibt es zunächst Bridget Breiners „Daphnis et Chloé, Suiten“ zu sehen. Die Ravel-Komposition „Daphnis et Chloé“ ist ein Auftragswerk für die „Ballets Russes“, die im Jahr 1912 in Paris uraufgeführt wurden. Parallel dazu entstanden zwei dazugehörige Konzertsuiten (1911/1913). Die Handlung kreist vor einem idyllischen Naturbild um die jungen Liebenden Daphnis und Chloé (wunderschön getanzt von Skyler Maxey-Wert und Nami Ito). Auch in diesem Stück lässt Bridget Breiner diverse Figuren aus der griechischen Götter-Mythologie auferstehen, was sich den Zuschauenden nicht wirklich erschließt. Da hilft die Einführung vor Beginn des Ballettabends auch nur bedingt weiter. Die wunderschöne Musik und der Anmut der Tänzer*innen lassen diesen kleinen Makel aber schnell vergessen.
Hierauf folgt eine zweite Pause, in der es ein kleines Schmankerl gibt: Im Foyer tanzt João Miranda zur Klavierbegleitung von Alina Bercu zu Maurice Ravels Frühwerk „Pavane pour une infante défunte“ („Pavane für eine verstorbene Prinzessin“). So nah kommen die Zuschauer*innen den Balletttänzer*innen sonst nie.

Der „Boléro“ bildet dann den Höhepunkt des Ballettabends. In der musikalischen Bearbeitung von Lorenzo Bianchi Hoesch mit elektronischem Vorspiel zeigt sich Ravels Orchester-Hit aus einer ganz neuen Perspektive. Richard Siegal fokussiert sich in seiner Kreation für das Ballett am Rhein auf das prägnante langsame Anschwellen des Klanges, das einfach zum Tanzen animiert. Auf der Bühne wird allerdings weniger getanzt als gelaufen. Hintereinander, miteinander, aneinander vorbei. Auf einem riesigen Laufband kämpfen zwölf Tänzer*innen unermüdlich dagegen an, im Dunkeln zu verschwinden. Es bilden sich kurze persönliche Beziehungen und diverse Gruppendynamiken. Mehr als einmal formieren sich die Tänzer*innen auch zu einer (Militär-)Kompanie im Stechschritt, schließlich ist der Boléro in der Zwischenkriegszeit (1928) entstanden. Das Düsseldorfer Publikum bei der Aufführung am 20. September 2025 ist vollends begeistert.

„Soirée Ravel“ ist ein Fest für Ravel – und ein schöner Ballettabend für alle.
Weitere Aufführungen im Opernhaus Düsseldorf: Mi 24.09.2025 (19:30 - 21:50), Sa 27.09.2025 (19:30 - 21:50), Fr 03.10.2025 (18:30 - 20:50), So 05.10.2025 (15:00 - 17:20), Do 09.10.2025 (19:30 - 21:50), So 19.10.2025 (18:30 - 20:50), Fr 24.10.2025 (19:30 - 21:50), Sa 08.11.2025 (18:30 - 20:50)
Infos: www.operamrhein.de
Text: Oliver Erdmann