HIV-Kriminalisierung bei der Düsseldorfer Polizei

Die Düsseldorfer Polizei will die Kriminalakte eines HIV-positiven Beklagten nach Einstellung des Strafverfahrens nicht löschen und vermutet „zukünftig verantwortungsloses Verhalten“. Der Polizeipräsident Norbert Wesseler verteidigt das Vorgehen seiner Behörde.

Bild: Polizeiwagen

Nachdem ein HIV-positiver Mann nach einem einmaligen ungeschützten Sexkontakt von seinem Partner angezeigt worden war, weil dieser ihm die Infektion verschwiegen habe, musste die Düsseldorfer Polizei ermitteln. Es war jedoch gar nicht zu einer Infektion des Sexpartners gekommen, weil der Beklagte aufgrund seiner Therapie keine HI-Viren mehr übertragen kann und nach Angaben seines Anwaltes verantwortungsvoll mit seiner HIV-Infektion umgeht. Das Strafverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft bereits eingestellt.

Dennoch speichert die Düsseldorfer Polizei weiterhin die Akte des Betroffenen und lehnt einen Antrag auf Löschung ab. In seinem Blog gibt der Anwalt die Angaben der Polizei hierzu wider: „Im konkreten Fall sei es zu einer Infektion nicht gekommen, aber „schon aufgrund des jungen Alters des Antragstellers und der offenbarten geringen Hemmschwelle“ sei zu erwarten, dass er „auch zukünftig“ verantwortungslos mit seiner HIV-Infektion umgehen werde. Gegenüber dem Datenschutzbeauftragten erwähnte der mit der Sache befasste Kriminalhauptkommissar sogar, man solle eher weitergehende Maßnahmen wie eine erkennungsdienstliche Behandlung oder die Gewinnung einer DNS-Probe veranlassen, um die Aufklärung künftiger Straftaten sicherzustellen.“
(Quelle: https://www.jasperprigge.de/vg-duesseldorf-polizei-soll-daten-zu-hiv-infektion-loeschen/)

Die Deutsche Aidshilfe (DAH) reagiert auf diese Form des Umgangs mit HIV-Positiven mit scharfer Kritik. Auf Nachfrage der DAH verteidigte der Düsseldorfer Polizeipräsident Norbert Wesseler das Vorgehen seiner Behörde. Es sei deren Pflicht, „Vorkehrungen zur Vermeidung von Infektionen zu treffen und Anleitungen zum Verhalten nach einer möglichen Infektion zu geben.“

Die DAH, Datenschützer_innen und auch Vertreter_innen der Politik protestieren seit Jahren gegen die Speicherung sogenannter personenbezogener Hinweise mit dem Kürzel ANST für „Ansteckungsgefahr“ in kriminalpolizeilichen Unterlagen. Diese Praxis sei kontraproduktiv und stigmatisierend.

Der Betroffene hat derweil gegen die Speicherung der Informationen über seine HIV-Infektion beim Verwaltungsgericht Düsseldorf geklagt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Das Gericht sieht jedoch keinen Vorsatz für ein versuchtes Körperverletzungsdelikt und hat mittlerweile die Polizei aufgefordert, die Kriminalakte zu löschen.

Allerdings bezieht sich das Verwaltungsgericht dabei nicht auf die wissenschaftlich nachweisbare Wirksamkeit von „Schutz durch Therapie“. Laut DAH vermeidet auch Polizeipräsident Wesseler in seinem Antwortschreiben, auf die faktisch fehlende Infektionsgefahr einzugehen.

Weitere Infos: https://magazin.hiv/2017/06/13/hiv-kriminalisierung-in-duesseldorf/

Text: Oliver Erdmann | Foto: Pixabay