DQ-Lesetipp | April 2024

Das Team der Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf stellt hier regelmäßig lesenswerte Bücher vor. Diesmal: „Variations on an Apple“ von Yoon Ha Lee und „I'm so not over you“ von Kosoko Jackson. Viel Freude beim Lesen!

Bild: Lesetipp April 2024
Bild: Buchcover "Variations on an Apple"
© TOR Publishing Group

Variations on an Apple

Yoon Ha Lee

TOR Publishing Group | eBook

 

„Variations on an Apple“ von Yoon Ha Lee ist ein fesselndes Kurzprosa-Stück, das spekulative Fiktion und mythologische Elemente miteinander verwebt. Die Geschichte ist eine Nacherzählung vom Mythos des Urteils des Paris, ein Ereignis, das in der griechischen Mythologie zum Trojanischen Krieg geführt hat, mit einem queeren und futuristischen Twist, der der Erzählung eine neue Spannung verleiht. Lees Erzählung weicht stark von der ursprünglichen Erzählung des Mythos ab und stellt Leser*innen eine Reihe von alternativen Realitäten vor, die sich um die Stadt Ios und die Folgen von Paris‘ Wahl drehen.

 

Im ursprünglichen Mythos wird Paris, Prinz von Troja, von Zeus beauftragt, einen goldenen Apfel an die schönste der drei Göttinnen zu überreichen: Hera, Athene und Aphrodite. Jede Göttin bietet ihm eine Bestechung an. Hera bietet ihm Macht, Athene bietet ihm Weisheit im Krieg und Aphrodite bietet ihm die Liebe der schönsten Frau, Helena. Die Entscheidung von Paris für Aphrodite und seine Flucht mit Helena führen zum Trojanischen Krieg. Lees Geschichte weicht von dieser Erzählung ab und erforscht, was passieren könnte, wenn Paris eine andere Entscheidung träfe. In der Erzählung von Yoon Ha Lee überreicht Paris den Apfel an Ilion. Ilion ist eigentlich eine Stadt, die in der Erzählung die Gestalt von Menschen annehmen kann. Ilion nimmt mal die Gestalt eines Jungen, mal die eines Mädchens an. Ilion kann also als genderfluide oder nicht binäre Figur in der Erzählung identifiziert werden. Paris überreicht den Apfel an Ilion, der sich zu diesem Zeitpunkt in der Gestalt eines Jungen befindet, weil Paris Gefühle für Ilion hat und die beiden Figuren sich in einer romantischen Beziehung zueinander befinden. Nach der Übergabe des Apfels an Ilion bricht der Krieg aus, dessen Ausgang den Leser*innen in verschiedenen Variationen geschildert wird.

 

Yoon Ha Lees Schreibstil ist lyrisch und mit viel Liebe zum Detail kreiert. Die Verwendung mathematischer und wissenschaftlicher Begriffe im Verlauf der Geschichte ist geschickt mit der wundervollen Prosa verflochten, fügt jedoch eine komplexe Ebene hinzu und fordert Leser*innen heraus, über die Natur der Realität und die Macht von Entscheidungen nachzudenken. Lee nutzt den mythologischen Hintergrund, um traditionelle Erzählungen und Binaritäten infrage zu stellen. Indem er alternative Realitäten und Möglichkeiten für Beziehungen aufzeigt, stößt die Geschichte an die Grenzen heteronormativer Erwartungen und erkundet ein breiteres Spektrum von Begehren und Zuneigung.

 

Mit dieser Erzählung „Variations on an Apple“ ist es Yoon Ha Lee gelungen, verschiedene Genres und Disziplinen zu einer fesselnden Erzählung zu verschmelzen, die sowohl intellektuell anregend als auch emotional mitreißend ist.

 

Es handelt sich um ein eBook, das nicht in der Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf ausleihbar ist.

 

Vorgestellt von Natalie Wiedenau

 

Bild: Buchcover "I'm so not over you"
© everlove / Piper

I'm so not over you

Kosoko Jackson

everlove | ISBN 978-3-492-06393-7

 

Boston, USA: an einem College (nicht Harvard) treffen ein reicher Student (Hudson) und ein armer Student (Kian) zusammen und verlieben sich ineinander. Knapp zwei Jahre später, nach einer Beziehung voller Höhen und Tiefen, verlässt Hudson Kian. Kian bleibt mit gebrochenem Herzen zurück. Die Handlung setzt ein paar Monate nach der Trennung ein, als Kian eine Mail von Hudson erhält, welche die Bitte um ein Treffen enthält. Bei diesem Treffen bittet Hudson ihn, sein fester Freund sein zu dürfen – für einen Tag. Hudsons Eltern wollen ihren Sohn besuchen und wissen nämlich noch nichts von der Trennung. Seit einer früheren Begegnung sind sie voll des Lobes über Kian. Als Gegenleistung winkt Hudson mit Kontakten für Vorstellungsgespräche, um Kians Karriere als angehender Journalist zu unterstützen. Nach einer Reihe von dramatischen soll-ich-soll-ich-nicht-Momenten sagt Kian zu. Das Treffen mit Hudsons Eltern läuft so gut, dass die beiden sogar zu einer Familienhochzeit nach Atlanta eingeladen werden. Erneut lässt sich Kian bequatschen, denn schließlich dreht sich fast jeder seiner Gedanken um seinen Ex. Außerdem, was kann schon bei einem gesellschaftlichen Ereignis der oberen Zehntausend schiefgehen, wenn man hin- und hergerissen ist zwischen aufsteigender Lust für den Ex und Wut über die gescheiterte Beziehung?

 

Dieser Roman fällt in die Kategorien Liebesknochen bzw. Pageturner. Die Handlung wird ausschließlich aus Kians Sicht geschildert und ist gespickt mit popkulturellen Anspielungen einer Couch-Potato. Persönlich hätte ich mir mehr Einblicke in die afro-amerikanische Kultur und ein paar Kapitel aus Hudsons Sicht gewünscht. Der größte Teil der Handlung erinnert ein wenig an einen Netflix-Film und ist leider FSK 12. Zum Ende wird es in dieser Hinsicht ein wenig besser, aber schließlich geht es in erster Linie um Gefühle, Romantik und verrückte Situationen und davon hat der Roman jede Menge zu bieten, so dass keine Langeweile aufkommt. Ich zumindest hatte jede Menge Spaß beim Lesen.

 

Vorgestellt von Markus Gickeleiter

 

Die Bücher können bei der LUSBD Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf kostenlos ausgeliehen werden.

 

Lesben- und Schwulenbibliothek Düsseldorf
im Bürgerhaus Angermund
Graf-Engelbert-Str. 9
40489 Düsseldorf
Geöffnet jeden Sonntag von 15.00 bis 16.30 Uhr

Anmeldung erforderlich

www.lusbd.de

 

DQ – Düsseldorf Queer dankt dem Team der LUSBD für die nette Zusammenarbeit.