Das Team der Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf stellt hier regelmäßig lesenswerte Bücher vor. Diesmal: „Skater Boy“ von Anthony Nerada und „So This Is Ever After“ von F. T. Lukens. Viel Freude beim Lesen!


Skater Boy
Anthony Nerada
cbj Kinder- und Jugendbuchverlag | ISBN 978-3-570-31607-8
Skater Boy erzählt die Geschichte von Wesley „Big Mac“ Mackenzie, dem Bad Boy der Stonebridge High, der seine Mitschüler*innen traktiert, regelmäßig die Schule schwänzt und sich auch sonst wenig um seine Zukunft zu scheren scheint. Wobei den Lesenden relativ schnell klar wird, dass Wesley sich in dieser Rolle in Wirklichkeit so gar nicht wohl fühlt. Dass Wesley sich in dieser Lage befindet, hat viele Gründe – vor allem liegt es wohl aber an den äußeren Umständen, die ihm bisher eher schlechte Startvoraussetzungen für die wichtige Phase der Adoleszenz beschert haben: Sein gewalttätiger Vater hat seine nunmehr alleinerziehende Mutter sitzen lassen, seine beiden besten Freunde, Brad und Tony, befeuern Wesleys destruktives Verhalten regelmäßig, indem sie ihn zu allerlei Straftaten anstiften, und auch Wesleys Lehrer*innen geben ihm regelmäßig das Gefühl, dass aus ihm sowieso nichts werden würde. Wesleys ohnehin geringes Selbstwertgefühl nimmt somit immer weiter ab, während seine Selbstwahrnehmung als Versager offenbar laufend bestätigt zu werden scheint.
Dabei hat Wesley durchaus eine andere Seite – so jobbt er beispielsweise nebenbei in einer Pizzeria, um seiner Mutter dabei zu helfen, finanziell über die Runden zu kommen. Und auch Wesleys gut gehütetes Geheimnis passt so gar nicht ins Bad-Boy-Narrativ. Dass er auf das eigene Geschlecht steht, behält er daher lieber für sich ... Bis Wesleys Mutter ihn zu einer Aufführung des Nussknackers mitnimmt. Denn ab da kann er seine Gefühle nicht weiter verdrängen, hat er sich doch direkt während der Vorstellung in den offen schwul lebenden, aus wohlhabendem Hause stammenden Balletttänzer Tristan, Mr. Nussknacker persönlich, schockverliebt. Durch einen Zufall lernt er Tristan dann auch gleich im Anschluss an die Vorstellung privat kennen und freundet sich mit ihm und dessen bester Freundin Emily an.
Tristan schafft es nach und nach Wesleys harte Schale zu knacken und zu seinem weichen Kern vorzudringen. Was gar nicht so leicht ist, denn Wesley gibt sich unbewusst alle Mühe, sich selbst im Weg zu stehen. Trotz allem wirbelt Tristan Wesleys Leben ordentlich durcheinander und bringt ihn letztendlich sogar dazu, sich bei der Foto AG seiner Highschool anzumelden und sich mit den Kids anzufreunden, denen er zuvor das Leben schwer gemacht hatte. Das gefällt Brad und Tony wiederum so gar nicht und Wesley ist zusehends überfordert, zwei Welten für sich zu vereinen, die ganz offensichtlich nicht zueinander passen. Alles eskaliert schließlich, als Wesley das Gefühl hat, Tristan wolle einen anderen aus ihm machen und die Freundschaft zu Brad und Tony schlecht reden.
Nerada hat Wesleys Innenwelt so eingängig beschrieben, dass ich mich gut in Wesleys Gedankengänge hineindenken und nachvollziehen konnte, wie schwer es ist, sich von einem Stempel, der einem einmal aufgedrückt wurde, wieder zu befreien und zu seinem wahren Selbst zu finden. Nicht nachvollziehbar fand ich hingegen, dass es gegen Ende so hingestellt wurde, dass die Personen in Wesleys Umfeld doch scheinbar allesamt bloß in guter Absicht unterwegs waren und nur Wesley selbst alles negativ gedeutet hatte („Du unterstellst immer allen das Schlimmste.“ S. 336). Die Schuld hier allein bei Wesley zu sehen, finde ich fatal. Vorschnell gefällte Urteile anderer Personen können gerade in der Pubertät viel kaputt machen und der Einfluss der eigenen Herkunftsfamilie auf das eigene Fortkommen im Leben kann ebenfalls nicht wegdiskutiert werden.
Unrealistisch fand ich leider auch das Ende an sich. Alle Probleme lösen sich sehr schnell auf – selbst Wesleys Homosexualität ist dann doch gar keine große Sache, schließlich, so erklärt sein Kumpel Tony, sei sein Lieblingsmusiker pan … und auch Wesleys anderer Freund Brad ist – Überraschung – selbst Teil der LGBTQIA+Community … Zu allem Überfluss durfte Wesley dann auch noch am Fotowettbewerb seiner Highschool teilnehmen, obwohl er kurz zuvor von ebendieser Schule verwiesen worden war (denn plötzlich war der Wettbewerb für alle im Ort geöffnet und der Einsatz einer Profikamera, die sich Wesley ohnehin nicht hätte leisten können, verboten). Das wirkte schon arg konstruiert.
Ja, es handelt sich hier um ein Buch für Jugendliche und ja, ich mag Happyends und dieses Buch hat sogar eigentlich ein sehr schönes, wenn man sich die rosarote Brille aufzusetzen vermag. Aber eine Prise mehr Authentizität hätte der Story meines Erachtens dennoch gutgetan. Alles in allem empfehle ich dieses Buch dennoch, vor allem weil es einen gewissen Suchtfaktor hatte und mich trotz seiner Schwächen in seinen Bann ziehen konnte.
Vorgestellt von Anne-Katrin Weber

So This Is Ever After
F. T. Lukens
One | ISBN 978-3-8466-0192-1
Die Prophezeiung wurde erfüllt! Arek, der Auserwählte, hat den Niederträchtigen, der vierzig Jahre über Ere im Reiche Checkpea herrschte, in seinem eigenen Thronsaal enthauptet. Allerdings brauchte Arek dafür mehrere Anläufe, denn so einfach ist es nicht, einen Kopf abzutrennen. Aber nun ist es geschafft und er steht erschöpft im Kreise seiner Getreuen: sein bester Freund Matt, der Magier, Sionna, die Kriegerin, Lila, die Schurkin, Bethany, die Bardin, und Rion, der Ritter. Doch wer soll nun über Ere herrschen? Vorübergehend ruft er sich zum König aus, bis die Nachfolge offiziell geregelt ist und er abdanken kann.
Doch so leicht ist es leider nicht. Die letzte Erbin der königlichen Blutlinie ist tot. Durch seine provisorische Selbst-Krönung band sich Arek magisch an den Thron und muss nun mit den Konsequenzen leben. Es gibt da ein magisches Seelen-Bindungs-Gesetz, das ihn verpflichtet bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr eine andere Person an sich zu binden, sonst schwindet er. Dummerweise hat Arek nur drei Monate Zeit bis zu seinem achtzehnten Geburtstag, was kann da schon schiefgehen?
Dieser Teil der Handlung spielt sich innerhalb der ersten 50 Seiten ab. Arek ist heimlich in Matt verliebt, hat sich aber nie getraut, seine Gefühle zu offenbaren. Also schmachtet er lieber Matt an und hofft irgendwie auf eine wunderbare Fügung des Schicksals, schließlich war er ja auch der Held in einer magischen Prophezeiung. Und natürlich ist für alle Lesenden absolut klar, wie der Roman ausgehen wird. Doch wie kommt der Plot von: „Mist, was soll das alles“ bis zum Happy End?
In einem Akt beispielloser Dummheit behält Arek sein Dilemma mit der Seelenbindung quasi für sich und weiht nur Matt ein. Sein Plan ist es, heimlich seine Freund:innen zu daten, um eine vertraute Person an sich zu binden.
Von der ersten Seite des Buches an kommt es zu Slapstick-Situationen, gefolgt von verbalen Schlagabtäuschen der handelnden Personen. Langeweile kommt zumindest nicht auf und die Handlung ist trotz ihrer teilweisen Vorhersehbarkeit kurzweilig geschrieben. Nebenbei werden Grimms Märchen und praktisch jede diesbezügliche Disney-Verfilmung auf die Schippe genommen.
Vorgestellt von Markus Gickeleiter
Die Bücher können bei der LUSBD Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf kostenlos ausgeliehen werden.
Lesben- und Schwulenbibliothek Düsseldorf
im Bürgerhaus Angermund
Graf-Engelbert-Str. 9
40489 Düsseldorf
Geöffnet jeden Sonntag von 15.00 bis 16.30 Uhr
Anmeldung erforderlich
DQ – Düsseldorf Queer dankt dem Team der LUSBD für die nette Zusammenarbeit.