Von Corona besonders betroffen

Das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf hat die Situation von queeren Menschen und Gruppen in den zurückliegenden zwölf Monaten untersucht und kommt zu dem Schluss: Auch in Düsseldorf haben LSBTIAQ* besonders unter den Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie zu leiden.

Bild: Frau mit Mund-Nasen-Maske
Viele queere Menschen bleiben in der Pandemie mit ihren Sorgen und Nöten allein. // Foto: Engin Akyurt / Unsplash / CC0

Bereits im vergangenen Jahr hatte das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf eine Befragung unter den in der Landeshauptstadt ansässigen Organisationen und Gruppen durchgeführt, um zu verifizieren, auf welche Weise die Corona-Pandemie die LSBTIAQ*-Communitys belastet. Jetzt hat die Arbeitsgemeinschaft ihre Erkenntnisse vorgelegt:

 

Queere Menschen und die in Düsseldorf sehr zahlreichen Vereine und Gruppen sind in hohem Maße durch die mit der Pandemie einhergehenden Einschränkungen im alltäglichen Leben betroffen. Beratungs- und Selbsthilfeangebote für LSBTIQ+ stehen seit Beginn der Pandemie nur noch sehr eingeschränkt zur Verfügung. Für Hilfesuchende ist das ein großes Problem, weil sie aktuell Unterstützung benötigen und sich ihre Situation unter Pandemiebedingungen meist noch verschärft hat.


Anlaufstellen und Schutzräume sind zum Teil seit vielen Monaten geschlossen. Hierzu zählen auch Szene-Kneipen und Clubs, von denen bereits zwei für immer aufgeben mussten. Queere Jugendliche, für die das Jugendzentrum PULS an der Corneliusstraße sonst ein wichtiger Treffpunkt war, müssen auf digitale Möglichkeiten ausweichen, was auch bei jungen Menschen nicht immer so einfach ist. Ähnlich geht es vielen anderen Community-Gruppen, beispielsweise LSBTIQ+ Senior*innen, den LSBTIQ+ Geflüchteten in den Unterkünften oder ihren eigenen Wohnungen, den Teilnehmer*innen der Sportveranstaltungen der queeren Sportvereine und viele anderen, in denen gegenseitiger Austausch und Empowerment im Mittelpunkt stehen. Viele bleiben mit ihren Sorgen und Nöten allein.

 

Bild: Geschlossene Tür
Nicht nur vorübergehend geschlossen: Die Szenekneipen "Wilma - Next Generation" und der "Levent-Club" haben die Coronakrise nicht überlebt. // Foto: Anastasiia Chepinska / Unsplash / CC0

Viele Organisationen machen sich Sorgen darüber, dass vor dem Hintergrund zu erwartender Haushaltskürzungen gerade die projektbezogenen Förderungen zur Diskussion gestellt werden könnten. Projekte, für die das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf seit vielen Jahren gekämpft hat, und die erst in den letzten Jahren an den Start gehen konnten, dürfen nicht wieder zur Disposition stehen. Denn gerade hier ist die Nachfrage nach Beratung und Unterstützung besonders groß.


Die Trans*beratung Düsseldorf, das Projekt „Altern unterm Regenbogen“, die Fachstelle für Regenbogenfamilien oder das Hilfsangebot PRADI für Geflüchtete sind keine Luxus-Errungenschaften, sondern wichtige Beratungsstrukturen, die vielmehr langfristig gesichert werden müssen. Auch die schulische Aufklärungsarbeit von SCHLAU oder Programme der Gesundheitsprävention etwa bei der Aidshilfe müssen weiter gefördert werden.

 

Bild: Junger Mann mit Mund-Nasen-Maske
Vereine und Gruppen der LSBTIAQ*-Communitys freuen sich auf den Neustart mit Präsenzveranstaltungen, für die es bereits funktionierende Hygienekonzepte gibt. // Foto: Jonas Jaeken / Unsplash / CC0

Von der Stadtverwaltung und der Stadtgesellschaft wünschen sich die Vereine und Gruppen der LSBTIQ+ Communitys aber auch auf einem anderen, ganz praktischen Gebiet eine bessere Unterstützung. Die wenigsten Organisationen verfügen über eigene Räumlichkeiten. Bisherige Treffpunkte stehen unter Corona-Bedingungen oftmals nicht mehr zur Verfügung. Gruppentreffen müssen schnell wieder möglich sein; funktionierende Hygienekonzepte sind allenthalben vorhanden.


Sobald Präsenzveranstaltungen wieder machbar sind, könnten zum Beispiel die städtischen Bürgerhäuser oder andere große Veranstaltungsräume als sichere Orte für Gruppentreffen dienen. Dabei wollen die Communitys ausdrücklich keine Sonderbehandlung von der Stadt. Das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf will aber in Erinnerung rufen, dass es sich bei großen Teilen der queeren Communitys aufgrund von Stigmatisierung und Diskriminierungserfahrungen um besonders vulnerable Gruppen handelt, die nicht aus den Augen verloren werden dürfen.

 

Text: Oliver Erdmann