Barockoper „Alcina“ begeistert musikalisch

Bei der Premiere von Georg Friedrich Händels „Alcina“ am vergangenen Freitag im Düsseldorfer Opernhaus wurde wieder einmal deutlich: Alte Musik ist quicklebendig. In der aktuellen Inszenierung von Lotte de Beer begeistern aber vor allem die großartigen Sängerinnen.

Bild: Maria Kataeva und Jacquelyn Wagner
Maria Kataeva (Ruggiero) und Jacquelyn Wagner (Alcina). // Foto: Jochen Quast

Schon mit der Händel-Oper „Xerxes“ gelang es der Deutsche Oper am Rhein vor einigen Jahren, die sogenannte Alte Musik erstaunlich jung und frisch wirken zu lassen. Auch jetzt zeigt sich die Barockmusik alles andere als verstaubt. Die Neue Düsseldorfer Hofmusik – hier unter der musikalischen Leitung von Axel Kober, dem Generalmusikdirektor der Deutschen Oper am Rhein – hat sich auf Barockmusik spezialisiert und spielt zum Teil auf original nachgebauten Instrumenten, um einen authentischen Klang zu erzeugen. Gelungen bei der aktuellen Opernaufführung ist insbesondere, dass das Orchester während der Aufführung zu sehen ist und die jeweils führenden Instrumente hervorgehoben werden.

 

Bild: Szenefoto Alcina
Andrés Sulbarán (Oronte), Elena Sancho Pereg (Morgana), Wallis Giunta (Bradamante), Maria Kataeva (Ruggiero), Statisterie. // Foto: Jochen Quast

Herausragend ist bei der Düsseldorfer „Alcina“ auch das von starken Frauen angeführte Sänger*innen-Ensemble. Die Sopranistin Jacquelyn Wagner begeistert in ihrem Rollendebüt als Alcina nicht nur stimmlich, sie spiegelt glaubhaft und ausdrucksstark die Zerrissenheit und die Traumata der bösen Zauberin wider. Maria Kataeva, seit der Spielzeit 2013/14 als Mezzosopranistin im Ensemble der Deutschen Oper am Rhein und Zweitplatzierte bei Plácido Domingo‘s Operalia-Wettbewerb 2019 in Prag, glänzt in der Hosenrolle des Ruggiero. Die kanadische Mezzosopranistin Wallis Giunta, die schon bei der Aids-Gala 2016 auf der Düsseldorfer Opernbühne stand, kehrt mit einer herausragenden Darstellung der Doppelrolle Bradamante/Ricciardo zurück.

 

Bild: Wallis Giunta, Jacquelyn Wagner, Maria Kataeva
Wallis Giunta (Bradamante), Jacquelyn Wagner (Alcina) und Maria Kataeva (Ruggiero). // Foto: Jochen Quast

Für das erkrankte Ensemblemitglied Elena Sancho Pereg übernimmt bei der Premiere von „Alcina“ am 14. Februar 2020 die israelische Sopranistin Shira Patchornik vom Hessischen Staatstheater Wiesbaden die Rolle der Morgana und kann das Düsseldorfer Publikum auf Anhieb begeistern. Aber auch Maria Carla Pino Cury (als Oberto), Andrés Sulbarán (als Oronte) und Beniamin Pop (als Melisso) erhalten viel Applaus.

 

Bild: Wallis Giunta, Jacquelyn Wagner und Maria Kataeva
Wallis Giunta (Bradamante), Jacquelyn Wagner (Alcina) und Maria Kataeva (Ruggiero). // Foto: Jochen Quast

In Georg Friedrich Händels berühmter Zauberoper „Alcina“ dreht sich alles um die Liebe. Die Zauberin Alcina hat sich eine eigene Welt erschaffen, eine paradiesische Insel, wo sie die Männer in ihren Bann zieht, verführt und dann verwandelt, wenn sie ihrer überdrüssig geworden ist. Doch mit Ruggiero ist das anders. Dieses Mal scheint es echte Liebe zu sein. Ein Gefühl, dass Alcina so nicht kennt. Als Ruggieros Verlobte Bradamante auf der Insel eintrifft, um ihn zurückzuholen, gerät Alcinas Welt aus den Fugen. Bradamante, die sich als Mann verkleidet hat, sorgt zunächst für Verwicklungen, da sich Morgana, Alcinas Schwester, in das Trugbild namens Ricciardo verliebt und für ihn ihren Geliebten Oronte links liegen lässt. Als Bradamante sich als Frau zu erkennen gibt und ihrem Ruggiero die Augen über die Zauberin Alcina öffnet, spitzt sich alles zu. Am Schluss bleibt Alcina – all ihrer Zauberkräfte beraubt – allein zurück.

 

Bild: Maria Kataeva und Jacquelyn Wagner
Maria Kataeva (Ruggiero) und Jacquelyn Wagner (Alcina). // Foto: Jochen Quast

Die niederländische Regisseurin Lotte de Beer – erstmals an der Deutschen Oper am Rhein zu Gast und gerade zum zweiten Mal für den International Opera Award nominiert – zeigt die böse Zauberin Alcina von ihrer tragischen Seite. In ihrer Inszenierung geht de Beer der Frage nach, warum Alcina zu dem geworden, was sie ist. Warum hat sie sich eine derartige Welt erschaffen, in der sie ihre Liebhaber zu Stein verwandelt? Ihre Antwort: Alcina selbst hat in ihrer Jugend Gewalt erfahren und echte Liebe nie kennengelernt. Die Regisseurin konfrontiert Alcina mit ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft. Vom Ansatz her eine gute Idee, doch bleibt alles eher vage. Das Spiel mit den Männern oder der Auftritt der alten, verhärmten Alcina-Figur (oder ist es ihre Mutter) sind erläuterungsbedürftig. Auch das Bühnenbild von Christof Hetzer mit seiner Loungeclub-Szenerie hätte etwas abwechslungsreicher sein dürfen.

 

Dennoch: „Alcina“ in Düsseldorf ist sehens-, vor allem aber wahrlich hörenswert.

 

Weitere Aufführungen im Opernhaus Düsseldorf: Mi 19.02. – 19.30 Uhr / Sa 22.02. – 19.30 Uhr / Mi 26.02. – 19.30 Uhr / Fr 28.02. – 19.30 Uhr / So 01.03. – 15.00 Uhr


Infos: www.operamrhein.de

 

Text: Oliver Erdmann