Queerer Theaterclub am Schauspielhaus

Mit einem Infotreffen am 17. Oktober startet der Theaterclub „Queer Ancestors“ vom Stadt:Kollektiv des Düsseldorfer Schauspielhauses – in Kooperation mit Queere Geschichte(n) Düsseldorf. Die Anmeldung hierfür ist ab sofort online möglich.

Bild: Lasse Scheiba vorm Schauspielhaus
Lasse Scheiba, Dramaturg und Projektleiter vom Stadt:Kollektiv des Düsseldorfer Schauspielhauses, verrät im DQ-Interview, was die Teilnehmer*innen beim Theaterclubprojekt erwartet. // Foto: Oliver Erdmann

Gesucht werden Menschen aus der LSBTIAQ*-Community ab 18 Jahren, die Interesse haben, an einem Theaterprojekt teilzunehmen, dass sich mit queeren Vorbildern beschäftigt. Gemeinsam mit Lasse Scheiba und Liz Sonnen vom Stadt:Kollektiv, der partizipativen Sparte des Düsseldorfer Schauspielhauses, gehen die Teilnehmer*innen auf eine biografisch-historische Reise zu den Wurzeln der LSBTIAQ*-Community.

 

Das Projekt startet im November 2023, geprobt wird immer dienstags von 18 bis 21 Uhr. Geplant sind drei Aufführungen im März und April im Unterahus am Gustaf-Gründgens-Platz. Kooperationspartner des Stadt:Kollektiv:Clubs „Queer Ancestors“ ist der Verein „Queere Geschichte(n) Düsseldorf e.V.“ Die Anmeldung ist ab sofort online möglich; nach dem Infotreffen am 17. Oktober werden die Teilnehmenden ausgelost.

 

Düsseldorf Queer sprach mit Lasse Scheiba, Dramaturg und Projektleiter beim Stadt:Kollektiv, über das Projekt:

 

Lasse, das Stadt:Kollektiv des Düsseldorfer Schauspielhauses lädt ab November 2023 zu einem queeren Theater-Club ein. Wie kam es dazu?

 

Im Stadt:Kollektiv wollen wir ganz verschiedenen Menschen und ihren Geschichten eine Bühne bieten. Dazu gehören für uns immer auch Perspektiven, Identitäten und Körper, die wir im Theaterkanon kaum finden können: Menschen of Color und mit Migrationsgeschichten, Menschen mit Behinderung, Menschen aus der Arbeiter*innenklasse und natürlich auch queere Menschen. Das ist nicht nur spannend für unser Publikum, sondern auch für das Theater an sich, weil wir viel mit diesen Menschen lernen. Und letztendlich wollten Liz Sonnen und ich zusammen ein Projekt machen und da war klar, dass es sich um queere Perspektiven drehen muss (weil wir beide sehr sehr homosexuell sind)!

 

Deine Kollegin Liz Sonnen und du setzen nicht erst in dieser Spielzeit queere Akzente am Schauspielhaus. Warum ist es wichtig, spezielle Formate für queere Menschen zu entwickeln?

 

Auch wenn wir in Deutschland viele Rechte und auch Sichtbarkeit genießen, ist es wichtig Räume für queere Menschen zu schaffen. Diese helfen, sich in einem sicheren Umfeld der eigenen Identität zu versichern, sich Fragen zu stellen aber auch Kraft für den heteronormativen Alltag zu sammeln. Gleichzeitig denken Liz und ich, dass queere Geschichte(n) nicht nur für queere Menschen relevant sind. Geschichten über Selbstbestimmung, Identitätsfindung und verschiedene Lebenskonzepte können für alle eine emanzipierende Erfahrung darstellen. Denn wir alle haben uns doch schon gefragt: Wer bin ich und wie möchte ich leben?

 

„Queer Ancestors“ – also „Queere Vorfahren“ – lautet der Titel des Theater-Clubs. Worum geht es? Was erwartet die Teilnehmer*innen?

 

Wir wollen mit den Teilnehmenden ein theatrales Archiv queerer Vorfahr:innen erstellen. In einer biographisch-historischen Reise machen wir uns auf die Suche nach einer Familiengeschichte jenseits genetischer Bindungen. Es wird also viel um queere Geschichte und Persönlichkeiten gehen, aber auch darum, was jede:n Einzelne:n von uns bewegt, was uns fehlt und wo wir uns Vorbilder wünschen oder gewünscht hätten.

 

Wie wird mit den Teilnehmer*innen genau gearbeitet?

 

In unseren Theaterclubs proben wir einmal die Woche abends drei Stunden und an einzelnen Wochenenden. In den Proben werden die Teilnehmenden schauspielerische Grundlagen erlernen, einander kennenlernen, Szenen erarbeiten und auch viel diskutieren. Wichtig ist zu wissen, dass wir keinen Text als Grundlage nutzen, sondern gemeinsam durch Recherchen, Improvisationen und Schreibaufgaben während der Proben ein Theaterstück entwickeln. Diese besondere Arbeitsweise macht es möglich, die Perspektiven der Spieler:innen direkt in den Theaterabend einfließen zu lassen.

 

Was ist das Ziel des Theater-Clubs?

 

Am Ende unserer Proben stehen natürlich die Aufführungen: Im März und April wird es drei Vorstellungen von „Queer Ancestors“ im Unterhaus am Gustaf-Gründgens-Platz geben.

 

Was müssen Interessierte mitbringen?

 

Interesse am Thema und Lust am Ausdruck – das ist alles! Wir glauben jeder Mensch kann Theater spielen und somit braucht es keine Vorkenntnisse im Schauspiel.

 

Gibt es ein Casting oder kann wirklich jeder* Mensch aus der LSBTIQ*-Community ab 18 Jahren teilnehmen?

 

Am 17. Oktober wird um 18.30 Uhr ein Infotreffen stattfinden, wo alle Interessierten Liz und mich kennenlernen können. Wir berichten über das Projekt, stellen den Probenplan vor und beantworten alle Fragen. Leider können wir aber nicht alle annehmen, die sich angemeldet haben. Daher werden wir aus allen Menschen, die nach dem Infotreffen weiterhin Lust haben mitzuspielen, auslosen.

 

Welche queere Person war oder ist dein persönliches Vorbild?

 

Ich habe viele queere Vorbilder, gerade in der Travestie, weil ich selbst auch als Drag Queen auftrete. Aber wen ich sehr bewundere, ist Rosa von Praunheim. Natürlich auch ein umstrittener Künstler, aber er hat vor allem in den 1970er Jahren viel in der schwulen Bürgerrechtsbewegung losgetreten. Und dabei hat er sich nie angepasst, sondern immer seine schwule Identität und auch Kritik an schwulen Lebensweisen offen vor sich hergetragen. Das inspiriert mich am meisten: Wir sind keine Nestbeschmutzer, wenn wir bestimmte Vorstellungen oder toxische Lebensweisen in unserer Community ansprechen und wir müssen keine Heiligen sein, damit uns Rechte zustehen!

 

Bild: Queer Ancestors

Stadt:Kollektiv:Club — Queer Ancestors — Gesucht werden Menschen aus der LGBTQI*-Community ab 18 Jahren — Infotreffen am 17. Oktober um 18:30 in der Ronsdorfer Straße 74 – Anmeldung unter dhaus.de/stadtkollektiv

 

»What do you want to be the story of your lives? Do you want someone else to tell it for you, or do you want to tell it yourself?« (Megan Rapinoe, Fußball-Weltmeisterin und queere Aktivistin)

 

Queere Menschen waren immer darauf angewiesen, sich außerfamiliäre Vorbilder zu suchen. Doch wer sind diese Role-Models, und wie beeinflussen sie queeres Leben heute? In diesem Theaterclub gehen wir mit allen Menschen der LGBTQI*-Community auf eine biografisch-historische Reise zu unseren Wurzeln: von Oscar Wilde über Audre Lorde, von David Bowie bis zu Alok Vaid-Menon und Kim Petras. — Probenstart: Oktober 2023, immer dienstags von 18 bis 21 Uhr — In Kooperation mit Queere Geschichte(n) Düsseldorf e.V.

 

Text und Interview: Oliver Erdmann