Queeres Leben in der NS-Diktatur

Die Ausstellung „gefährdet leben. Queere Menschen 1933 bis 1945“ der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld – ergänzt durch einen Teil zur Düsseldorfer Geschichte – ist noch bis Mitte 2026 in der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf zu sehen.

Ausstellungsraum mit der Ausstellung ‚Queeres Leben in Düsseldorf‘, die historische Fotos, Informationstafeln und künstlerische Installationen zeigt.
Ausstellungsraum "Queeres Leben in Düsseldorf. Von den Goldenen Zwanzigern bis 1945..." mit der Kunstinstallation "Zwang und Zeichen". // Foto: Oliver Erdmann

Am 27. Oktober 2025 ist die Ausstellung der Magnus-Hirschfeld-Stiftung zur Verfolgung queerer Menschen im Nationalsozialismus in den Räumen der Mahn- und Gedenkstätte der Landeshauptstadt eröffnet worden. Die als Wanderausstellung konzipierte Schau wurde extra für Düsseldorf in ein neues Format gegossen. Im für Sonderausstellungen zur Verfügung stehenden Raum sind die Schautafeln mit Texten und Bildern an den Wänden platziert, was den Besucher*innen den Gang durch die Kapitel erleichtert. Anderswo sind die Schautafeln auf Stellwänden mit Vorder- und Rückseiten zu sehen.

 

Moderne Ausstellung in einem Museum mit Informationswänden, Fotos, Dokumenten und einem zentralen Tisch mit weiteren Exponaten sowie Sitzgelegenheiten.
Blick in die Ausstellung "gefährdet leben. Queere Menschen 1933 bis 1945" in der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf. // Foto: Oliver Erdmann

Ein weiteres Novum ist die Erweiterung der Ausstellung durch einen speziellen Teil mit Lokalbezug. In einem Raum hat die Kuratorin der Mahn- und Gedenkstätte, Astrid Hirsch-von Borries, die Situation queerer Menschen in Düsseldorf beleuchtet. Mit eindrücklichem Material aus den Archiven gelingt ein Rückblick auf queeres Leben von damals. Beginnend mit den 1920er-Jahren, den sogenannten Goldenen Zwanzigern, wird deutlich, wie vermeintlich unbeschwert das Leben von Schwulen und Lesben vor der Machtübernahme der Nazis war: es gab eine lebendige queere Szene in der Stadt.

 

Doch schon vor der Verschärfung des Paragrafen 175 im Sommer 1935 wurde die queere Szene aufgerieben. Ab Februar 1933 wurden Schwulenlokale geschlossen und Zeitschriften für Homosexuelle verboten. Die Verantwortlichen in Düsseldorf waren dabei stets mit vorauseilendem Gehorsam schneller als in anderen Städten. Am 28. Juni 1937 begann dann die Verhaftungswelle. Vermeintlich schwule Männer wurden massenhaft verfolgt und „wegen Unzucht“ zu drastischen Gefängnisstrafen verurteilt. Viele von ihnen kamen anschließend ins KZ und wurden ermordet.

 

Eine Person (Astrid Hirsch-von Borries) hält einen Vortrag vor einer Ausstellungstafel mit historischen Fotos und Informationen zum Thema 'Maskierungen'.
Astrid Hirsch-von Borries hat die Ausstellung "gefährdet leben" nach Düsseldorf geholt und um einen Teil zur Lokalgeschichte ergänzt. // Foto: Oliver Erdmann

An konkreten Beispielen zeichnet die Ausstellung das Schicksal schwuler Männer nach. Der 25-jährige Karl Carduck war das erste Opfer der maßlosen Schwulenverfolgung in Düsseldorf. Er soll „Kopf eines Homosexuellen Zirkels“ gewesen sein, mit ihm wurden zahlreiche Personen aus seinem Bekanntenkreis verhaftet. Besonders beeindruckend ist der Auszug aus einem Brief von Joseph Völker an seine Eltern, in dem der 29-Jährige aus dem KZ heraus um sein Leben fleht. Wenige Wochen später findet er dort den Tod. Darüber hinaus benennt die Schau lokale Täter und Schauplätze, was das unbegreifliche Geschehen noch anschaulicher werden lässt.

 

Eingerahmt wird die Ausstellung von der Installation „Zwang und Zeichen“ der Künstlerin und Bühnenbildnerin Saskia Holte. Unzählige kleine, rosafarbene Dreiecke mit Fingerabdrücken hängen von der Decke. Sie symbolisieren den Rosa Winkel, mit dem Homosexuelle in den Konzentrationslagern der Nazis gekennzeichnet waren, und verweisen auf die persönlichen Schicksale der Menschen. Einige wenige „Winkel“ sind schwarz; sie erinnern an inhaftierte Lesben, die als „Asoziale“ gebrandmarkt waren. Die Kunstinstallation ist eine wahre Bereicherung dieser intensiven Ausstellung.

 

Kunstinstallation mit herabhängenden Fäden und dreieckigen Pappelementen in Rosatönen vor einem schwarz-weißen Fotohintergrund.
Die Kunstinstallation "Zwang und Zeichen" von Saskia Holte verbindet die beiden Ausstellungsteile und gipfelt vor einem Foto, das eine Inhaftierungszelle zeigt. // Foto: Oliver Erdmann

Bereichernd ist auch das Rahmenprogramm, das in den kommenden Wochen mit Führungen, Vorträgen und szenische Lesungen aufwartet. Einen Überblick geben wir weiter unten.

 

Am 27. Oktober 2025 wurde die Ausstellung mit einer Veranstaltung im Beatrice-Strauss-Zentrum eröffnet. Das Interesse war riesig, der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Besucher*innen hörten nach einer Begrüßung durch Dr. Bastian Fleermann (Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf) zunächst Grußworte von Miriam Koch (Beigeordnete für Kultur und Integration der Landeshauptstadt Düsseldorf) und Oliver Erdmann (Co-Sprecher des LSBTIQ+ Forum Düsseldorf). Anschließend gab es Einführungen in die Ausstellung von Helmut Metzner (Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld), der eigens aus Berlin angereist war, und Astrid Hirsch-von Borries (Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und Kuratorin der Ausstellung „Queeres Leben in Düsseldorf“).

 

Ein Mann (Helmut Metzner) in einem violetten Anzug und Brille hält eine Rede an einem Pult mit dem Logo und der Aufschrift 'Beatrice Strauß Zentrum'.
Helmut Metzner (Geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld) bei seiner Einführung in die Ausstellung bei der Eröffnungsveranstaltung im Beatrice-Strauss-Zentrum. // Foto Oliver Erdmann

Das Rahmenprogramm zur Ausstellung "gefährdet leben. Queere Menschen 1933 bis 1945":

Donnerstag, 5. Februar 2026 | 18.30 Uhr

Ort: Beatrice-Strauss-Zentrum der Mahn- und Gedenkstätte, Marktstraße 2 (Innenhof)

„Ich möchte so gerne mein Leben in die Welt schreien!“ – Adele Haas, eine intergeschlechtliche Person im Nationalsozialismus.

Vortrag von Jako Wende

 

Samstag, 7. Februar 2026 | 19.30 Uhr

Sonntag, 8. Februar 2026 | 18.00 Uhr

Ort: Theatermuseum Düsseldorf, Jägerhofstraße 1

Vor dem Rosa Winkel.

Szenische Lesung mit historischer Einführung und Nachgespräch

 

Dienstag, 24. Februar 2026 | 18.30 Uhr

Ort: Beatrice-Strauss-Zentrum der Mahn- und Gedenkstätte, Marktstraße 2 (Innenhof)

„[…] Was wird aus uns werden.“ – Queere Menschen in Düsseldorf zwischen 1933 bis 1945.

Vortrag von Astrid Hirsch-von Borries

 

Donnerstag, 5. März 2026 | 18.30 Uhr

Ort: Beatrice-Strauss-Zentrum der Mahn- und Gedenkstätte, Marktstraße 2 (Innenhof)

„Wir sind auf lesbischer Basis befreundet“. Das Leben von Otto Kohlmann und Sophie Gotthardt.

Vortrag von Dr. Frauke Steinhäuser

 

Dienstag, 21. April 2026 | 18.30 Uhr

Ort: Beatrice-Strauss-Zentrum der Mahn- und Gedenkstätte, Marktstraße 2 (Innenhof)

Queere Liebe im Holocaust.

Vortrag von Dr. Anna Hájková

 

Donnerstag, 28. Mai 2026 | 18.30 Uhr

Ort: Beatrice-Strauss-Zentrum der Mahn- und Gedenkstätte, Marktstraße 2 (Innenhof)

Die Düsseldorferin Cäcilie Helten und die Liebe zu ihrer Partnerin Rosa Jochmann: Zwischen Zuschreibung, Selbstbezeichnung und Unsichtbarmachung.

Vortrag von Dr. Veronika Duma

 

Donnerstag, 11. Juni 2026 | 18.30 Uhr

Ort: Beatrice-Strauss-Zentrum der Mahn- und Gedenkstätte, Marktstraße 2 (Innenhof)

Gustaf Gründgens.

Vortrag von Dr. Frederike Krenz

 

Sonntag, 28. Juni 2026 | 16.00 Uhr

Ort: LSBTIQ+ Erinnerungsort Düsseldorf, Denkmal auf der Apollo-Wiese

Düsseldorfer Gedenktag für die queeren Opfer des Nationalsozialismus.

Kranzniederlegung

 

Montag, 29. Juni 2026 | 18.30 Uhr

Ort: Beatrice-Strauss-Zentrum der Mahn- und Gedenkstätte, Marktstraße 2 (Innenhof)

Verfolgung queerer Menschen: schwieriges und unerlässliches Erinnern.

Vortrag von Dr. Benno Gammerl

 

Öffentliche Führungen

Während der Laufzeit finden monatlich kostenlose Führungen statt. Die Termine sind:

 

Donnerstag, 20. November 2025, um 18.30 Uhr

Donnerstag, 18. Dezember 2025, um 18.30 Uhr

Dienstag, 20. Januar 2026, um 18.30 Uhr

Dienstag, 17. Februar 2026, um 18.30 Uhr

Dienstag, 31. März 2026, um 18.30 Uhr

Donnerstag, 23. April 2026, um 18.30 Uhr

Dienstag, 19. Mai 2026, um 18.30 Uhr

Dienstag, 16. Juni 2026, um 18.30 Uhr

Sonntag, 5. Juli 2026, um 14.00 Uhr

 

Ergänzend können Führungen für Gruppen gebucht werden:

E-Mail: nicole.merten@duesseldorf.de oder Tel. 0211 / 899 62 05

 

Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten der Mahn- und Gedenkstätte, Mühlenstraße 29, zu sehen: sonntags, dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr, samstags von 13 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

 

Text: Oliver Erdmann