Zehn Fragen an Pancake

Pancake ist panromantisch, asexuell und nicht-binär. Als Kopf der Gruppe Aces NRW organisiert x Veranstaltungen und Vernetzung für Asexuelle, schreibt Texte und betreibt Aufklärung. Anlässlich des Internationalen Tages der Asexualität am 6. April steht Pancake Rede und Antwort.

Bild: Mensch vor Asexuellen-Flagge
Pancake von Aces NRW sagt über sich: „Mein Pronomen ist x. Ich bin eine aktivismusbetreibende Person oder Aktivistx.“ // Bildmontage: OE / Fotos: Pancake / Mario Gogh/Unsplash/CC0

1_ Was war der Beweggrund zur Gründung von Ace NRW?


Als asexuelle Person frustrierten mich in erster Linie die Unsichtbarkeit und fehlende Strukturen. Ich wartete vergeblich darauf, dass sich daran etwas zum Besseren änderte, dass jemensch etwas tun würde, ich mehr Ace Pride sehen würde, bis ich begriff, dass ich es in die eigene Hand nehmen und selbst die Veränderung anstoßen muss.


Aces NRW war zunächst als reine Demonstrationsgruppe im Rahmen des CSD Kölns konzipiert – das war 2018. Daraus entstand dann nach gewisser Zeit ein richtiges Langzeitprojekt, welches sich um Aktivismusarbeit und primär deutschsprachige Ressource rund um Asexualität bemüht.


2_ Wo und wie ist Aces NRW aktiv?


Wir sind zunächst als Demonstrationsgruppe beim Cologne Pride aktiv. Des Weiteren wird natürlich viel Vernetzungsarbeit innerhalb der deutschsprachigen und auch internationalen Community betrieben, um bei internen Diskussionen aktiv zu sein, voneinander zu lernen, am Puls der asexuellen und auch queeren Gemeinschaft zu sein. Auf den sozialen Medien und der Website werden dann informative Inhalte, persönliche Beiträge, Medienkritiken und allerlei Content zum asexuellen Spektrum erstellt, verbreitet und geteilt. Ab und an gebe ich dann selbst auch Interviews, halte Vorträge und Reden, um Asexualität auch in das breitere Mainstream-Bewusstsein für Allosexuelle (Nicht-Asexuelle) zu tragen.


3_ Was waren bisherige Aktionen?


Als wahrscheinlich erste asexuelle Gruppe auf Deutschlands größtem CSD aufzutreten ist und bleibt natürlich immer etwas Besonderes. Wir konnten mit engagiertem Druck aus den sozialen Medien während der Asexual Awareness Week 2019 erreichen, dass die sehr diskriminierende Definition von Asexualität im Duden Online verändert wurde. Sie ist noch nicht perfekt, aber zweifelsfrei besser als zuvor. Ein anderes, sehr wichtiges Anliegen war auch die Mitarbeit an der Erschaffung des Internationalen Tags der Asexualität (06. April), gemeinsam mit Aktivismusbetreibenden der ganzen Welt.

 

Letztlich sind es aber oft die kleinen Dinge, die die queerpolitische Arbeit ausmachen: Viel Analyse, viele Mails schreiben und Druck machen, dass Ace Erasure (Unsichtbarmachung von Asexualität) keine Lappalie ist.

 

Bild: Demoplakat
Plakate zum Kölner CSD. // Foto: Pancake

4_ Was ist für die Zukunft geplant?


Der Ausbau der Website ist gerade im Fokus. Es braucht gute, richtige und verständliche Ressourcen in deutscher Sprache, wenn es um Asexualität geht. Sei es nun für Leute, die questioning sind oder Menschen, denen verständliche Basisinformationen fehlt. Aber eben auch weiterhin Content entwerfen, der sich tiefgehend mit Ace Culture und unseren Belangen als Community beschäftigt und hoffentlich jemenschen inspiriert oder hilft.


Für den aktiven Teil wäre es wundervoll, wenn wir als Demogruppe zukünftig auch auf weiteren CSDs in Nordrhein-Westfalen für unsere Belange einstehen könnten und uns dort auch selbst feiern. Mehr Menschen gerade auf dem asexuellen Spektrum zu zeigen, dass es nicht nur okay ist, asexuell zu sein, sondern empowernd ist. Die Zeit, sich zu verstecken und unsichtbar zu bleiben, muss aufhören.


5_ Gibt es aktuell eine Düsseldorfer Aces-Gruppe?


Es gibt in Nordrhein-Westfalen eine Reihe von Stammtischgruppen, zum Beispiel der Ruhrpottstammtisch (http://ruhrpott.asex-web.de/), die gerade zur Pandemiezeit alle online aktiv sind. In der Rolle als Organizer für Aces NRW bin ich um jede Chance froh, mich mit Düsseldorfer Asexuellen zu verbinden. Vielleicht lässt sich ja gemeinsam etwas starten!

 

Bild: Regenbogenflagge beschriftet mit "Queer & Proud"
Foto: Delia Giandeili/Unsplash/CC0

6_ Wie inklusiv ist für dich der Begriff „queer“?


Für mich ist der Begriff „queer“ sehr inklusiv und ich liebe ihn dafür! Ich schätze die zahlreichen unermüdlichen und ja oft unerwähnt bleibenden Kämpfe aller Aktivismusbetreibenden, die vor mir aktiv waren, und die für das Reclaiming des zuvor oft abwertend verwendeten Begriffs eingestanden sind. Ich mag das LGBTQIAP+-Akronym, doch die immense subversive und radikale Kraft von „queer“ hat doch etwas sehr Spezielles, im positiven Sinne!


 7_ Wie wichtig ist es für die aspec-Community, als eigenes Spektrum wahrgenommen zu werden (etwa durch Erweiterung der Bezeichnung LSBTIQ* durch den Buchstaben A)?


Die massive Symbolik und Macht dieses einen, winzigen Buchstabens sollte keineswegs unterschätzt werden. Es gibt so einige Menschen, die über den „Buchstabensalat“ herziehen, doch sind das gerade die, die keine derartige soziale Unsichtbarkeit erleben müssen, dass selbst die Addition eines Buchstabens ein gewisses Gefühl der Sicherheit gibt. Dass jemensch an uns mitgedacht hat. Gerade in Zeiten von zunehmender anti-aromantischer und anti-asexueller Exklusion aus der Community von Seiten vieler junger Queers braucht es dieses Zeichen, dieses Mitgemeintsein unserer Identitäten.


8_ Unter dem Label aspec versammeln sich die asexuellen und aromantischen Communities. Warum wird diese Unterscheidung gemacht?


Es ist wichtig, dass wir zunächst verstehen, dass eben „die Orientierung“ vielschichtiger sein kann, als oftmals vermittelt wird. Mensch kann eine sexuelle Orientierung haben, aber eben auch eine romantische Orientierung. Die muss nicht zwangsläufig dieselbe sein, noch brauchen alle Menschen ein Label für das eine oder andere. In aspec Kreisen wird auch zunehmend darüber Diskurs gehalten, dass orientierungsbasierte Identitäten nicht ausschließlich durch sexuelle und romantische Komponente ausdrückbar sind oder sein müssen, wie bei zum Beispiel bei tertiären Anziehungen.


Es gibt das acespec (asexuelles Spektrum) und das arospec (aromantisches Spektrum), und die Befreiungskämpfe beider Gruppen teilen viele Überschneidungen, gerade durch die starke Verknüpfung von Romantik und Sex besonders im „westlichen“/westlich-geprägten Teil der Welt. Daher wird hier gerne vom aspec geredet. Leider wird die aromantisch Community dabei häufig unsichtbar gemacht oder gar fälschlicherweise als „Unterkategorie“ von Asexualität behandelt.


Die Aro Community ist für sich selbstständig und hat ebenso spezifisch eigene Belange und Ziele. Vergessen darf mensch dabei nicht, dass nicht alle aromantischen Leute asexuell sind und vice versa. Es gibt alloromantische (nicht-aromantische) Asexuelle, ebenso wie allosexuelle aromantische Menschen und manche labeln vielleicht nur die eigene romantische oder ausschließlich eine andere Orientierung anhand der (nicht-)empfundenen Anziehung_en. Letzlich ist alles gleich valide.

 

Bild: Asexuellen-Flagge
In der Flagge der Asexuellen steht Schwarz für komplett asexuell, Grau für gray- und demisexuell, Weiß für nicht-asexuelle Freund*innen und Lila für Gemeinschaft und Solidarität. // Foto: Pancake

9_ Was ist dein Wunsch oder deine Forderung an die allosexuelle Mehrheit innerhalb der queeren Community?


Ernstnahme und Respekt. Ich habe selbst anti-asexuelle Belästigung auf dem CSD erfahren müssen und weiß, wie viele Queers arge Vorbehalte uns gegenüber hegen. Wir sind keinesfalls minderwertiger oder schlechter, sondern ebenbürtig queer. Ich bin der Überzeugung, dass mensch vom Bewusstwerden der eigenen allosexuellen Privilegien profitieren kann und dadurch erkennt, dass auch ihnen als Allosexuelle Allonormativität schadet.


Wir Asexuelle haben eindeutige queerpolitische Anliegen und so wollen wir zum Beispiel, dass Acefeindlichkeit, zum Beispiel durch Pathologisierung oder in Form von so genannter „Konversionstherapie“, endlich ernstgenommen wird. Auch die Folgen durch jene Diskriminierung, die sich nachweislich auf unsere mentale Gesundheit auswirken, dürfen nicht länger ignoriert werden.


Wir wollen nicht bloß ein wenig Sichtbarkeit, sondern fordern aktives Mitspracherecht und supportende Strukturen in queeren Organisationen und Vereinen, die uns Asexuellen in Deutschland gänzlich fehlen. Das beinhaltet auch finanzielle Teilhabe.


Auch will ich, dass wir weniger Allies mit Minimalaufwand und Homozentrik als absoluten Gipfel der Queerness feiern und uns gemeinsam auf den Abbau von Hierarchien und aller Diskriminierungen in unseren eigenen Kreisen fokussieren. Denn es hat sich noch lange nicht damit getan, dass nun Einige von uns nun heiratstechnisch gleichgestellt sind.


10_ Was hat Aces NRW zum Internationalen Tag der Asexualität (ITA) am 6. April geplant?


Ich darf exklusiv verkünden, dass ich mit meinem Kollegen Schatzberger einen fantastisch queeren Podcast namens „Schatzberger Pfannekuchen“ starte. Dort werden wir uns in einer Episode ausführlich mit den vier Leitmotiven des ITA (Engagement, Feiern, Bildung/Aufklärung, Solidarität) auseinandersetzen.


Zudem werde ich auf der Homepage asexualitaet.wordpress.com einige Ace Aktivismusbetreibende aus unseren Nachbarländern vorstellen, die ich zu diesem Zweck interviewen durfte. Und sollte alles nach Plan laufen, dann gibt es auch noch eine Radiosendung dazu, bei der ich als Gast eingeladen bin. Auf jeden Fall ein spannender Tag mit viel Unterhaltung!

 

Fragen: Oliver Erdmann