Diversity-Kongress solidarisiert sich mit LSBTIQ* in Polen

In Düsseldorf fand gestern der erste virtuelle DiverseCity Fachkongress statt. Online beteiligten sich mehr als 200 Teilnehmer*innen. Die polnische LSBTIQ*-Aktivistin Małgorzata Mróz berichtete über die aktuelle Situation in ihrem Land und konnte sich über einen Pride-Spendenaufruf freuen.

Bild: Małgorzata Mróz
Die polnische LSBTIQ*-Aktivistin Małgorzata Mróz berichtete beim DiverseCity-Kongress über die aktuelle Lage in Polen. // Foto: Privat

Zum vierten Mal hatten die Landeshauptstadt Düsseldorf und der Völklinger Kreis e.V. (VK) den Fachkongress DiverseCity zum Diversity-Management in Unternehmen und Verwaltung organisiert. Am 11. November 2020 konnte coronabedingt allerdings nur eine virtuelle Veranstaltung stattfinden. Lebens- und Arbeitswelten von LSBTIQ* im internationalen Kontext war das Leitthema, zu dem sich Expert*innen aus unterschiedlichen europäischen Ländern äußern konnten. Die Teilnehmenden waren dank einer Chatfunktion mit den Vortragenden verbunden.


Der Vorsitzende des Völklinger Kreises, Matthias Weber, moderierte die Online-Veranstaltung souverän und sprach u.a. mit der städtischen Gleichstellungsbeauftragten, Elisabeth Wilfart, über das Diversity-Management der Landeshauptstadt Düsseldorf und die hiesige LSBTIQ*-Community. Erst kürzlich hatte der VK die Stadt Düsseldorf für ihr Diversity-Engagement mit dem Max-Spohr-Preis 2020 ausgezeichnet. Es gab zudem Grußworte von Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller und vom stellvertretenden NRW-Ministerpräsidenten, Dr. Joachim Stamp. Anschließend ging der aus Wien zugeschaltete tschechische LSBTIQ*-Netzwerker Pavel Šubrt (European LGBTIQ Chamber of Commerce) in seiner Keynote auf die unterschiedlichen Arbeitswelten von queeren Menschen in west- und osteuropäischen Ländern ein.

 

Bild: Panel-Teilnehmende beim DiverseCity-Kongress
Panel-Teilnehmende (von links nach rechts): (oben) Matthias Weber, Miguel Castro, (mitte) Kende Karsko, Dr. Juliane Kronen, (unten) Pavel Šubrt, Małgorzata Mróz. // Foto: Screenshot

In der virtuellen Gesprächsrunde berichteten der Spanier Miguel Castro (SAP Global Diversity & Inclusion Office) über Wettbewerbsvorteile diversityfreundlicher Unternehmen und der Ungar Kende Karsko (LGBT Network of Bosch Group) über die Herausforderungen liberaler Unternehmenskulturen in repressiven Staaten. Dr. Juliane Kronen (Right Livelihood Foundation), zugeschaltet aus Köln, warf einen Blick auf die Situation in Uganda, wo sich die LSBTIQ*-Menschenrechtsaktivistin Kasha Jacqueline Nabagesera engagiert, die dafür 2015 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

 

Besonderes Interesse erregte bereits im Vorfeld die polnische LSBTIQ*-Aktivistin Małgorzata Mróz, die in ihrer Heimat für die Rechte der Community und gegen die Politik der „LGBT freien Zonen“ kämpft. Sie und ihre Mitstreiter*innen organisieren in verschiedenen polnischen Städten die sogenannten Pride Marches, die regelmäßig von den Behörden verboten und von homofeindlichen Gruppen tätlich angegriffen werden, ohne dass die Polizei die Täter verfolgt. Małgorzata Mróz berichtete von ihren persönlichen Erlebnissen, wie die Pride-Teilnehmer*innen mit Steinen und Glasflaschen beworfen werden.

 

Bild: Małgorzata Mróz bei einer Demonstration
Małgorzata Mróz und ihre Mitstreiter*innen bei einer LSBTIQ*-Demonstration - umringt von Polizisten. // Foto: Privat

Sie selbst habe schon Todesangst gehabt und gehe nur noch mit Pfefferspray vor die Tür, erzählt Małgorzata Mróz. Besonders schlimm sei aber, dass den homophoben Angreifern in Polen keine Konsequenzen drohten. Warum sie trotz der Bedrohung weitermache, wollte Matthias Weber von ihr wissen. „Jeden Tag werden homo- oder transsexuelle Kinder geboren. Ich will, dass sie nicht die Flucht ergreifen müssen und auch in Polen angstfrei leben können“, sagt die LSBTIQ*-Aktivistin. Als Unterstützung aus anderen EU-Ländern wünscht sich Małgorzata Mróz mehr Einflussnahme, wie Sanktionen bei Menschenrechtsverstößen, und mehr Unterstützung für die LSBTIQ*-Community.


Ihre Schilderung von der Lage vor Ort in Polen berührte die Zuschauer*innen, wie an den Reaktionen im Chat abzulesen war. Nikita B. schrieb: „Bei den Berichten von Małgorzata bekomme ich Gänsehaut, das ist Realität mitten in Europa, mitten in einer pluralistischen Gemeinschaft, es ist erschreckend, wenn schon die Politik wegschaut, müssen Unternehmen und Institutionen sich verbünden und Haltung zeigen!“ Teilnehmerin Sandra sagte: „Ganz viel Solidarität mit Małgorzata. Sehr berührende und grausame Erfahrungen. Ich wünsche mir mit ganzem Herzen, dass die LGBTIQ-Community bald endlich überall akzeptiert wird.“ Und Brigitte schrieb im Chat: „Sehr mutig, bleib dran, es ist sehr wichtig, dass wir nicht aufgeben deutlich zu machen, dass Akzeptanz sehr wichtig ist für eine Gesellschaft.“ Małgorzata Mróz freute sich über die Kommentare: „Ich danke Ihnen für all diese freundlichen Worte. Ich werde sie an alle meine Freunde in Polen weitergeben. Wir sind froh, dass wir mit unseren Problemen nicht allein sind.“


VK-Vorsitzender Matthias Weber resümierte zum Abschluss des Fachkongresses: „Diese DiverseCity hat gezeigt, wie wichtig Sichtbarkeit gerade in der jetzigen Zeit ist, in der Aufgrund von Corona Sichtbarkeit von LGBT+ gering ist. Aber nicht nur aufgrund von Corona ist Sichtbarkeit wichtig. Der sichtbare Austausch zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen erfordert unser Engagement, gerade in repressiven Staaten.“

 

Der Völklinger Kreis e.V. veröffentlichte noch während der Veranstaltung einen Spendenaufruf zur Unterstützung der Arbeit von Małgorzata Mróz für PRIDE MARCHES in Polen:


Spenden werden erbeten an:


Förderverein des Völklinger Kreis e.V.
IBAN: DE67 1007 0848 0269 3000 00
BIC: DEUTDEDB110
Stichwort: Polen

 

Text: Oliver Erdmann